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Röhrenverstärker-Grundsätzliche Fragen

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  • walwal
    Registrierter Benutzer
    • 08.01.2003
    • 27979

    #16
    DER RÖHRENVERSTÄRKER
    Obwohl Elektronenröhren Relikte aus der Vergangenheit sind, werden sie von manchen Hi-Fi Herstellern noch immer gerne eingesetzt. Diese sind der Meinung, dass es klangliche Vorteile gibt, wenn die Verstärkung mit Röhren und nicht mit Transistoren erfolgt. Klassische Röhrengeräte beinhalten überhaupt keine Transistoren, im Extremfall wird sogar die Gleichrichtung der Betriebsspannung mit Röhren durchgeführt. In modernen Geräten wird aber meist nur die akustische Signalspannung mittels Röhren verstärkt, die peripheren Schaltungen beinhalten wieder Halbleiter. So ist dann auch eine stabile Regelung der Röhren und eine Fernbedienung des Verstärkers möglich. In manchen Verstärkern wird auch das akustische Signal über ein Gemisch aus Transistoren (teilweise sogar integrierten Schaltungen) und Röhren geführt. Es gibt also Vollverstärker mit Halbleiter im Vorverstärkerteil und Röhren in der Endstufe - wie auch umgekehrt. Sollte ein Röhrenverstärker noch einen Phono Eingang besitzen, ist dieser fast immer mit Halbleitern bestückt, weil diese weniger brummanfällig sind.
    Unumstritten ist, dass Hi-Fi Geräte mit Röhrenbestückung in gewisser Weise faszinieren. Der (werdende) Besitzer sollte sich aber dessen bewusst sein, dass ein Röhrengerät nicht ganz unproblematisch ist. Zu bedenken ist auch, dass Elektronenröhren Verschleißteile sind, die früher oder später getauscht werden müssen. Es gibt also Folgekosten, die im Normalfall aber erst nach mehreren Jahren zum Tragen kommen. Nach dem Tausch von Endstufenröhren ist es notwendig, deren Arbeitspunkte neu einzustellen. Dieser Abgleich ist recht einfach, mit einem billigen Voltmeter ist das schnell erledigt, dazu muss das Gerät nicht zum Service.
    Röhrenbestückte Geräte sind im Allgemeinen anfälliger für Probleme als Transistorgeräte. Das liegt an der hohen Betriebsspannung und der thermischen Belastung, denen die eingebauten Bauteile während des Betriebes ständig ausgesetzt sind. Röhren arbeiten mit Spannungen zwischen 200 und 1.000 Volt. Damit die Röhre funktioniert, muss deren Kathode mit einer Heizwendel zum Glühen gebracht werden. Erst nach Erreichen der Betriebstemperatur entsteht der nötige Stromfluss zwischen Kathode und Anode. Zwischen diesen beiden Elementen befindet sich ein Steuergitter, welches (ähnlich einem Ventil) analog zur Signalspannung den Stromfluss regelt. Röhrengeräte, im Besonderen Endstufen, haben einen schlechten Wirkungsgrad, der größte Teil der zugeführten Energie wird in Wärme umgesetzt.
    Da Röhren einen recht hochohmigen Innenwiderstand haben, benötigen so bestückte Endstufen ausgangsseitig einen Transformator zur Impedanzanpassung an niederohmige Lautsprecherboxen. Die Qualität des Ausgangstransformators hat einen entscheidenden Einfluss auf das messtechnische und klangliche Ergebnis. In jedem Fall hat ein Transformator aber ungünstige Voraussetzungen bei der Übertragung kurzer Bassimpulse, weil sein relativ hoher Innenwiderstand die Membrane eines angeschlossenen Lautsprechers nur schlecht dämpft. Daran liegt es auch hauptsächlich, warum eine Röhrenendstufe anders klingt! Die Zwischenschaltung eines im Normalfall notwendigen Ausgangstransformators ändert klanglich mehr als sich messtechnisch feststellen lässt. Röhrenendstufen mit (trafoloser) OTL-Schaltung und Röhrenvorverstärker klingen kaum anders als Transistorgeräte. Den umgekehrten Beweis dafür liefert ein bekannter amerikanischer Hersteller, der in seinen Endstufen ausschließlich Transistoren verwendet, diese aber trotzdem ausgangsseitig mit Transformatoren ausrüstet. Diese Endstufen klingen wie Röhrengeräte, haben aber nicht deren Nachteile!
    Dem Röhrenverstärker wird ein angenehmer Klang nachgesagt. Dieser angenehme Klang kommt vor allem durch ein für unser Ohr günstiges Klirrspektrum zustande. Eine weitere positive Eigenschaft haben Röhrenverstärker, wenn sie über das Grenzbereich hinaus angesteuert werden. Im Gegensatz zu einem Transistorverstärker erzeugen sie im übersteuerten Bereich kein (Hochtöner zerstörendes) Rechtecksignal, sondern ein Soft-Clipping. Eine Signalschwingung wird dabei nicht abgekappt, sondern weich abgerundet. Diese Eigenschaft machen sich auch seit Jahrzehnten E-Gitarristen zunutze, die ihren Röhrenverstärker bewusst übersteuern. Sie missbrauchen ihn dann quasi als weich einsetzenden Limiter, der in diesem Zustand lang gezogene, gleich laute und mehr oder weniger angenehm verzerrte Klänge von sich gibt. Ein Transistorverstärker würde dabei Rechtecksignale erzeugen und dadurch entsetzlich klingen!
    Die Hi-Fi Szene unterscheidet zwischen so genannten Trioden- und Pentodenverstärkern. Damit wird allerdings nur auf ein Konstruktionsdetail der Leistungsendröhren hingewiesen. Im Vorverstärkerteil eines Röhrenverstärkers werden immer Trioden (meist Doppeltrioden) eingesetzt. Eine Triode hat nur ein Steuergitter, eine Pentode dagegen drei. Ein Röhrenverstärker der in der Endstufe nur eine Triode im so genannten Single-Betrieb verwendet, hat im Normalfall eine sehr geringe Ausgangsleistung. Diese liegt mit noch akzeptablem Klirrfaktor (unter 3 %) bei etwa 5-8 Watt. Nur im Zusammenhang mit wirkungsgradstarken Boxen (mindestens 92 dB/1m) können damit auch höhere Pegel erzielt werden. Es gibt auch größere Trioden mit höheren Leistungen, aber in jedem Fall werden diese am Leistungslimit betrieben.
    Röhrenverstärker die in der Endstufe Pentoden in Gegentaktschaltung verwenden, können je nach Höhe der Betriebsspannung und Anzahl der Endröhren recht hohe Ausgangsleistungen erzielen. Auch die wichtigsten Messdaten wie Frequenzgang, Klirrfaktor, Dynamikumfang, Geräuschspannungsabstand und Phasenverhalten bewegen sich im Normalfall alle im "grünen" Bereich.
    Ein Röhrenverstärker klingt tatsächlich anders als die meisten Transistorgeräte! Besonders im Grund- Mittel- und Hochtonbereich kann der Klang faszinieren. Nur im Bassbereich, besonders bei kurzen Impulsen, können qualitative Einschränkungen hörbar werden.

    Röhrenverstärker (besonders Endstufen) sind aber nicht so betriebssicher wie Transistorgeräte, ein jahrelanger problemloser Betrieb ist nicht gewährleistet. Das liegt vor Allem daran , dass viele der erhältlichen Produkte nur Bastlerqualität beinhalten. Ganz anders ist das bei hochwertigen Geräten von namhaften Herstellern. Sie sind zwar meist teurer, aber wesentlich besser verarbeitet und dadurch auch relativ betriebssicher
    „Audiophile verwenden ihre Geräte nicht, um Ihre Musik zu hören. Audiophile verwenden Ihre Musik, um ihre Geräte zu hören.“

    Alan Parsons

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    • harry_m
      Registrierter Benutzer
      • 16.08.2002
      • 6421

      #17
      @Jürgen+Stefan:

      alleine schon die Fragestellung ist ein Argument dagegen!

      Den Rest hat walwal in seinem Beitrag hervorragend beschrieben.

      Ich darf eine Passage hervorheben:
      Dem Röhrenverstärker wird ein angenehmer Klang nachgesagt. Dieser angenehme Klang kommt vor allem durch ein für unser Ohr günstiges Klirrspektrum zustande.
      Es gäbe doch eine wunderbare "Softwarelösung": man baue eine Zwischenstufe, die 2 bis 3% K2 erzeugt und addiere es zum Eingangssignal. Und schon haben wir den "Röhrenklang".

      Ich empfinde es immer als äußerst amüsant zu sehen, dass ausgerechnet die sog. "Puristen", denen es das Gesicht verzieht, wenn sie hören, dass die Tonregelung im Vollverstärker NICHT ausgeschaltet ist, bewusst im Kauf nehmen dass der K2 des Röhrenverstärkers den Klang "gefälliger" macht.

      Warum sie sich immer noch zu der "HiFi"-Gemeinde zählen ist für mich rätselhaft: denn "HighFidelity" heisst salopp übersetzt "Höchste Treue/Genauigkeit".

      Unwillkürlich fällt mir da die Geschichte von den "Weinkennern" aus Japan ein, die in Frankreich die teuerste Rotweine kauften und ihn dann mit Cola vermischten. Die ungeteilte Aufmerksamkeit der Gastgeber war den Herrschaften sicher...

      Soviel zu "Dagegen"

      Grüße

      Harry
      Zuletzt geändert von harry_m; 17.05.2004, 17:58.
      Zwei Tragödien gibt es im Leben: nicht zu bekommen, was das Herz wünscht, und die andere - es doch zu bekommen. (Oscar Wilde)
      Harry's kleine Leidenschaften

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      • walwal
        Registrierter Benutzer
        • 08.01.2003
        • 27979

        #18
        Wein mit Cola-----das ist noch schlimmer als Root-Beer mit Vanilleeis, das trinken manche amis.
        „Audiophile verwenden ihre Geräte nicht, um Ihre Musik zu hören. Audiophile verwenden Ihre Musik, um ihre Geräte zu hören.“

        Alan Parsons

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        • J.Ollig
          Registrierter Benutzer
          • 28.01.2004
          • 610

          #19
          @walwal
          Der Beitrag kommt mir sehr bekannt vor.

          @Olli
          Da muß ich jetzt mal die Frage stellen, was genau ist denn "neutraler Klang" und vor allem wo(Raum) und mit welcher Musik? Klingt ein Trans Amp neutral oder scharf? Klingt eine gute Röhre angenehm oder verwaschen? Ich bin mir sicher, daß es Röhren gibt, die genauso gut oder besser abbilden und Bühne zeichnen wie Transen und trotzdem warm (nicht im Sinne von verfälscht) und angenehm klingen.
          Gibt es da eine genaue Definition? Der lineare FG alleine kanns nicht sein.
          Ich denke, daß es da genauso verschiedene Ansichten gibt wie bei Boxen. Der eine steht auf B200, der andere auf Vox und wieder ein anderer muß ein Klipschhorn von der Größe einer Gefriertruhe im Wohnzimmer haben. Was genau ist da jetzt neutral? Es geht hier auch nicht darum, alle paar Wochen irgend etwas wechseln zu müssen, das ist doch Unsinn. Die Monster auf der Audiovalve Seite habe ich mir angesehen. Das ist glaub ich leicht überdimensioniert. Damit kann man ja das halbe Haus heizen.

          @Calvin
          Ich weiß, daß es im Netz viele Anhänger der NICHT-Gegenkoppeln Fraktion gibt aber ist das wirklich so Sinnvoll? Welche Nachteile handelt man sich ein wenn man nicht GGK? Ich habe einige Berichte gelesen, wo die Leute die GGK rausgeworfen haben und danach sehr viel zufriedener mit dem Klang waren. Solche Berichte sind nur immer schwer zu werten so lange sie vom Erbauer selbst kommen.

          Gruß
          Jürgen

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          • Calvin
            Registrierter Benutzer
            • 05.10.2003
            • 416

            #20
            ohne GGK

            Hi,

            Der klangliche Fingerprint eines Verstärkers ´generiert´ sich über sein Klirrspektrum und das Klirrverhalten über der Leistung. Die Höhe des Klirrs ist dabei weitaus weniger entscheidend, als die Verteilung. Und daher sind GGK-lose Endstufen durchaus nicht schlechter klingend als gegengekoppelte. Die (globale) Gegenkopplung führt automatisch dazu, daß der Verstärker auf die angeschlossene Last reagiert und davon abhängig seinen F-Gang, Klirr- und Schwingverhalten ändert. Dieses Verhalten wird umso kritischer/instabiler, je geringer die Verstärkung, je größer die Bandbreite und je mehr Stufen durch die Gegenkopplungsschleife umfaßt sind. Im Extremfall fackelt der Verstärker dann sogar ab! Kurz...ohne Gegenkopplung hats keine Rückwirkung. Damit das vernünftig funktioniert müssen aber die Stufen strengere Anforderungen erfüllen, da ja nichts mehr durch GGK glattgebügelt und breitgebandelt werden kann.

            jauu
            Calvin

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            • SDJungle
              Registrierter Benutzer
              • 09.12.2001
              • 1126

              #21
              @ harry_m

              Sehe nicht nur ich anders, es kommt allein darauf an, was der Erbauer und/oder Besitzer des Gerätes für Präferenzen hat. Meine Röhrenvorstufe ist definitiv
              kein Weichzeichner - eben weil ich es so wollte.

              @ Ollie
              Roehrenverstaerker, die so neutral wie Transen sind, gibt es so gut wie nicht, das gibt die (Zweiteweltkriegs)Technologie einfach nicht her. Man kann aber recht nahe rankommen (*), allerdings ist das extrem aufwendig und entsprechend teuer. Es stellt sich aber die Frage, was - ausser dem Spass am Bauen - der Sinn einer ultraneutralen Roehre sein soll, die wie Silizium klingt? Nein, wenn schon k2, dann bitte mit Schwung!
              Gruß
              Stefan

              Kommentar

              • SDJungle
                Registrierter Benutzer
                • 09.12.2001
                • 1126

                #22
                Walwals Beitrag kommt auch nicht ungeschoren davon:

                DER RÖHRENVERSTÄRKER
                Obwohl Elektronenröhren Relikte aus der Vergangenheit sind, werden sie von manchen Hi-Fi Herstellern noch immer gerne eingesetzt. Diese sind der Meinung, dass es klangliche Vorteile gibt, wenn die Verstärkung mit Röhren und nicht mit Transistoren erfolgt. Klassische Röhrengeräte beinhalten überhaupt keine Transistoren, im Extremfall wird sogar die Gleichrichtung der Betriebsspannung mit Röhren durchgeführt. In modernen Geräten wird aber meist nur die akustische Signalspannung mittels Röhren verstärkt, die peripheren Schaltungen beinhalten wieder Halbleiter. So ist dann auch eine stabile Regelung der Röhren und eine Fernbedienung des Verstärkers möglich. -> Geht genausogut auch mit Röhrennetzteil - so etwas habe ich zufällig hier stehen. In manchen Verstärkern wird auch das akustische Signal über ein Gemisch aus Transistoren (teilweise sogar integrierten Schaltungen) und Röhren geführt. Es gibt also Vollverstärker mit Halbleiter im Vorverstärkerteil und Röhren in der Endstufe - wie auch umgekehrt. Sollte ein Röhrenverstärker noch einen Phono Eingang besitzen, ist dieser fast immer mit Halbleitern bestückt, weil diese weniger brummanfällig sind. -> Kommt auf die Topologie an, und den Verstärkungsfaktor. Innovative Audio z. B. schafft es nur mit Röhren, andere setzen eben sicherheitshalber eine zusätzliche Transistorstufe ein.
                Unumstritten ist, dass Hi-Fi Geräte mit Röhrenbestückung in gewisser Weise faszinieren. Der (werdende) Besitzer sollte sich aber dessen bewusst sein, dass ein Röhrengerät nicht ganz unproblematisch ist. Zu bedenken ist auch, dass Elektronenröhren Verschleißteile sind, die früher oder später getauscht werden müssen. Es gibt also Folgekosten, die im Normalfall aber erst nach mehreren Jahren zum Tragen kommen. Nach dem Tausch von Endstufenröhren ist es notwendig, deren Arbeitspunkte neu einzustellen. Dieser Abgleich ist recht einfach, mit einem billigen Voltmeter ist das schnell erledigt, dazu muss das Gerät nicht zum Service.
                Röhrenbestückte Geräte sind im Allgemeinen anfälliger für Probleme als Transistorgeräte. Das liegt an der hohen Betriebsspannung und der thermischen Belastung, denen die eingebauten Bauteile während des Betriebes ständig ausgesetzt sind. -> Wenn der Erbauer diesen Punkt beachtet hat, kann sich außer der Röhre selbst nichts über das übliche Maß hinaus erwärmen. Röhren arbeiten mit Spannungen zwischen 200 und 1.000 Volt. Damit die Röhre funktioniert, muss deren Kathode mit einer Heizwendel zum Glühen gebracht werden. Erst nach Erreichen der Betriebstemperatur entsteht der nötige Stromfluss zwischen Kathode und Anode. Zwischen diesen beiden Elementen befindet sich ein Steuergitter, welches (ähnlich einem Ventil) analog zur Signalspannung den Stromfluss regelt. Röhrengeräte, im Besonderen Endstufen, haben einen schlechten Wirkungsgrad, der größte Teil der zugeführten Energie wird in Wärme umgesetzt.
                Da Röhren einen recht hochohmigen Innenwiderstand haben, benötigen so bestückte Endstufen ausgangsseitig einen Transformator zur Impedanzanpassung an niederohmige Lautsprecherboxen. Die Qualität des Ausgangstransformators hat einen entscheidenden Einfluss auf das messtechnische und klangliche Ergebnis. In jedem Fall hat ein Transformator aber ungünstige Voraussetzungen bei der Übertragung kurzer Bassimpulse, weil sein relativ hoher Innenwiderstand die Membrane eines angeschlossenen Lautsprechers nur schlecht dämpft. Daran liegt es auch hauptsächlich, warum eine Röhrenendstufe anders klingt! Die Zwischenschaltung eines im Normalfall notwendigen Ausgangstransformators ändert klanglich mehr als sich messtechnisch feststellen lässt. Röhrenendstufen mit (trafoloser) OTL-Schaltung und Röhrenvorverstärker klingen kaum anders als Transistorgeräte. Den umgekehrten Beweis dafür liefert ein bekannter amerikanischer Hersteller, der in seinen Endstufen ausschließlich Transistoren verwendet, diese aber trotzdem ausgangsseitig mit Transformatoren ausrüstet. Diese Endstufen klingen wie Röhrengeräte, haben aber nicht deren Nachteile! Die jüngeren Macs, die ich kenne - klingen NICHT wie Röhrengeräte - bzw. wie das, was dieser Text hier ihnen mit aller Gewalt nachsagen will.
                Dem Röhrenverstärker wird ein angenehmer Klang nachgesagt. -> endlich mal ein wahres Wort - er wird ihnen - nachgesagt! Dieser angenehme Klang kommt vor allem durch ein für unser Ohr günstiges Klirrspektrum zustande. Eine weitere positive Eigenschaft haben Röhrenverstärker, wenn sie über das Grenzbereich hinaus angesteuert werden. Im Gegensatz zu einem Transistorverstärker erzeugen sie im übersteuerten Bereich kein (Hochtöner zerstörendes) Rechtecksignal, sondern ein Soft-Clipping. Eine Signalschwingung wird dabei nicht abgekappt, sondern weich abgerundet. Diese Eigenschaft machen sich auch seit Jahrzehnten E-Gitarristen zunutze, die ihren Röhrenverstärker bewusst übersteuern. Sie missbrauchen ihn dann quasi als weich einsetzenden Limiter, der in diesem Zustand lang gezogene, gleich laute und mehr oder weniger angenehm verzerrte Klänge von sich gibt. Ein Transistorverstärker würde dabei Rechtecksignale erzeugen und dadurch entsetzlich klingen!
                Die Hi-Fi Szene unterscheidet zwischen so genannten Trioden- und Pentodenverstärkern. Damit wird allerdings nur auf ein Konstruktionsdetail der Leistungsendröhren hingewiesen. Im Vorverstärkerteil eines Röhrenverstärkers werden immer Trioden (meist Doppeltrioden) eingesetzt. Eine Triode hat nur ein Steuergitter, eine Pentode dagegen drei. Ein Röhrenverstärker der in der Endstufe nur eine Triode im so genannten Single-Betrieb verwendet, hat im Normalfall eine sehr geringe Ausgangsleistung. -> Es gibt tatsächlich moderne Röhren, die eine deutlich höhere Leistung liefern. Dazu kann Calvin aber seehr viel mehr erzählen... Diese liegt mit noch akzeptablem Klirrfaktor (unter 3 %) bei etwa 5-8 Watt. Nur im Zusammenhang mit wirkungsgradstarken Boxen (mindestens 92 dB/1m) können damit auch höhere Pegel erzielt werden. Es gibt auch größere Trioden mit höheren Leistungen, aber in jedem Fall werden diese am Leistungslimit betrieben. -> Das war aber jetzt ein Scherz, oder...?
                Röhrenverstärker die in der Endstufe Pentoden in Gegentaktschaltung verwenden, können je nach Höhe der Betriebsspannung und Anzahl der Endröhren recht hohe Ausgangsleistungen erzielen. Auch die wichtigsten Messdaten wie Frequenzgang, Klirrfaktor, Dynamikumfang, Geräuschspannungsabstand und Phasenverhalten bewegen sich im Normalfall alle im "grünen" Bereich.
                Ein Röhrenverstärker klingt tatsächlich anders als die meisten Transistorgeräte! -> Tatsächlich klingt er so, wie der Erbauer es will. Wenn er will, dann klingt sie genauso (neutral) wie ein Transistor (der auch nicht zwingend neutral klingen muss...). Besonders im Grund- Mittel- und Hochtonbereich kann der Klang faszinieren. Nur im Bassbereich, besonders bei kurzen Impulsen, können qualitative Einschränkungen hörbar werden.

                Röhrenverstärker (besonders Endstufen) sind aber nicht so betriebssicher wie Transistorgeräte, ein jahrelanger problemloser Betrieb ist nicht gewährleistet. Das liegt vor Allem daran , dass viele der erhältlichen Produkte nur Bastlerqualität beinhalten. Ganz anders ist das bei hochwertigen Geräten von namhaften Herstellern. Sie sind zwar meist teurer, aber wesentlich besser verarbeitet und dadurch auch relativ betriebssicher.
                -> Also ein Jein hätte ich mit weniger Text auch hinbekommen...

                Gruß
                Stefan

                Kommentar

                • Ollie
                  Registrierter Benutzer
                  • 26.11.2002
                  • 563

                  #23
                  Moin!


                  @ SDJungle: OK, danke fuer's Mich-Zitieren, aber was ist dein Kommentar dazu?

                  @ Juergen

                  Sauber designte Transen sind linearer - der Klirr ist unter die Hoerbarkeitsschwelle gedrueckt worden, was sich vor allem in gegenueber Rohren deutlich geringeren IM-Verzerrungen niederschlaegt. Transen haben dabei billiger erheblich mehr Leistung (Strom) zu bieten, und Strom braucht's fuer die Schwingspule. Transen haben keine Ausgangsuebertrager (die fuer sich genommen schon mal Albtraumhaft teuer sind), ausserdem sind Roehrenschaltungen in der Regel mit hoeheren Ausgangswiderstaenden beaufschlagt. Bei Daempfungfaktoren von 1 spielt nun nicht eine Rolle, dass der "Bass staerker kontrolliert wird" (wird er nicht, macht's halt mal eine Messung), sondern dass der Amplitudenfrequenzgang von der wechselnden Last eher unbeeindruckt bleibt. Roehren benoetigen in der Regel peinlichst impedanzlinearizierte LS, da sonst Abweichung von 1 dB und mehr moeglich sind.

                  Alles in allem haben Transen eher die Faehigkeiten, das, was vorne reinkommt, hinten einfach "nur" verstaerkt rauszublasen, und zwar egal, was vor oder nach ihnen kommt. (Nota bene: wir reden hier nicht von z.T. pathologischen Topologien, die es auch in Silizium zu nix bringen. Sauber entworfene Verstaerker haben dann auch kein Problem mit GGK, sei sie global oder lokal. Das ist aber ein engineering issue, kein prinzipielles Problem.) Soweit also die (meine) Definition von "neutral". Man kann sich nun noch ueberlegen, ob man 1 kW haben will, oder ob 10 W nicht doch ausreichen, aber da spielen praktische Erwaegungen eine groessere Rolle als technische.

                  Tatsaechlich hast du, Juergen, die Antwort bereits selber gegeben: Roehren klingen angenehmer (nicht: neutraler) als Transen, keine Frage. Sie haben aber mit high fidelity nichts zu tun, jedenfalls wenn man andere Standards als von vor 50 Jahren anlegt. Was niemanden davon abhalten sollte, Roehre zu hoeren oder gar zu bauen. (Ich bin ein grosser Fan von Roehren, nur soviel. Die Audiovalves klingen alle sehr schoen.)

                  Cheers,
                  Ollie
                  The patent was abandoned when it was discovered that the problem it fixed was inexistent.

                  Kommentar

                  • SDJungle
                    Registrierter Benutzer
                    • 09.12.2001
                    • 1126

                    #24
                    @ SDJungle: OK, danke fuer's Mich-Zitieren, aber was ist dein Kommentar dazu?
                    Sorry - ich wußte nicht daß Du farbenblind bist...
                    ...und auch Dein folgender Beitrag...
                    ...Sie haben aber mit high fidelity nichts zu tun, jedenfalls wenn man andere Standards als von vor 50 Jahren anlegt.
                    ...entbehrt jeder Grundlage, es sei denn Du kennzeichnest es als Deine rein persönliche Meinung hierzu.

                    Gruß
                    Stefan

                    Kommentar

                    • Ollie
                      Registrierter Benutzer
                      • 26.11.2002
                      • 563

                      #25
                      SDJungle, du hast oben nicht mich farblich kommentiert, sondern walwal. Und mein Zitat haengt in der Luft (im post nach dem Calvin seins).

                      Und Meinung: ja, klar, hohe Klangtreue mit Geraeten, die hoerbar (!) den Klang beeinflussen? Hmmm... sieht sich mir sehr nach Fakt aus, dass von "hoher Klangtreue" nicht mehr viel uebrig bleibt, wenn man es mit einer Transe vergleicht? Aber du hast Recht, es ist lediglich meine Meinung. Es ist hier ja ein Meinungsforum, kein Faktenforum.

                      Noch etwas Popcorn zum Salz (in der Wunde)?

                      Cheers,
                      Ollie




                      __________________________________________
                      Warning: this post may contain traces of opinions
                      The patent was abandoned when it was discovered that the problem it fixed was inexistent.

                      Kommentar

                      • SDJungle
                        Registrierter Benutzer
                        • 09.12.2001
                        • 1126

                        #26
                        Nö, Salz brauch mer nicht - nur den beim Editieren des vorher doch zu langen Beitrages verlorengegangenen Kommentar...
                        Alsö so wars gedacht:
                        Roehrenverstaerker, die so neutral wie Transen sind, gibt es so gut wie nicht, das gibt die (Zweiteweltkriegs)Technologie einfach nicht her. Man kann aber recht nahe rankommen (*), allerdings ist das extrem aufwendig und entsprechend teuer. Es stellt sich aber die Frage, was - ausser dem Spass am Bauen - der Sinn einer ultraneutralen Roehre sein soll, die wie Silizium klingt? Nein, wenn schon k2, dann bitte mit Schwung!
                        Deine Sichtweise scheint die zu sein daß Du nur das sehen willst was Deiner vorgefaßten Meinung entspricht. Es ist eben nicht richtig, daß Röhrenverstärker per se hörbar den Klang beeinflussen - genausowenig wie es richtig ist, daß Transistorverstärker dies prinzipiell nicht tun. Das ist zwar alles schon gesagt worden an dieser Stelle, aber scheinbar hast Du es gnädig übersehen...

                        Gruß
                        Stefan

                        Kommentar

                        • Ollie
                          Registrierter Benutzer
                          • 26.11.2002
                          • 563

                          #27
                          Na, jetzt bin ich aber schon enttaeuscht, Stefan!

                          Was du da sagst, habe ich so nie behauptet. Ich schrieb ja explizit "so gut wie nicht", und nirgends, dass Transen es nicht tun (wenn auch viel einfacher in den unhoerbaren Bereich zu druecken). Und dass es sehr aufwendig sei, per Roehre an diese Ziel zu kommen (Push-Pull-Konzepte, Supersymmetry usw, und alles nur in schmalen Leistungsbereichen etc.). Aber du must meine postings nicht lesen *schmoll*, wenn dir nicht gefaellt, was drin steht. Wie war das mit der Meinung, dem Balken und dem Auge? Achso, und was genau waren deine Fakten?

                          Cheers,
                          Sgt. Salt's Lonely Tubes Club Band


                          PS: Ich mag Roehren. Nicht vergessen: ich mag Roehren!




                          ________________________________________
                          Warning: this post may contain traces of facts
                          The patent was abandoned when it was discovered that the problem it fixed was inexistent.

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                          • SDJungle
                            Registrierter Benutzer
                            • 09.12.2001
                            • 1126

                            #28
                            Naja...enttäuschend finde ich es eher, wenn sich jemand in einer Diskussion derart herumwindet - um im Kern doch immer bei der angesprochenen Aussage zu bleiben. 'So gut wie nicht' mag für Dich jetzt ein Zugeständnis sein, aber es klingt doch arg herausgepreßt... . Immerhin entsprechen 4 von 6 mir bekannten Röhrenverstärkern diesem Bild. Ok - eines dieser Geräte ist ein Selbstbau - um das Bild etwas zu schmälern...
                            Wir können uns jetzt auch weiter darüber streiten, ob PP-Konzepte wirklich arg kompliziert sind - oder nur aus der Sicht desjenigen, der entweder SE- oder SE-Konzepte an seine LS läßt...

                            Gruß
                            Stefan

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                            • J.Ollig
                              Registrierter Benutzer
                              • 28.01.2004
                              • 610

                              #29
                              @Ollie und SDJungle
                              Brecht hier bitte keinen Glaubenskrieg vom Zaun und schlagt Euch nicht die Köpfe ein. Wir reden hier über Verstärker und nicht über die Zukunft der Menschheit also: Slow Down

                              Die ursprüngliche Frage war, ob es Sinn macht, den Bass vom MHT zu separieren um die vom Bass zurückgegebenen Einflüsse, die auch über die GGK zurück in die Schaltung und damit ins ursprügliche Signal gehen, zu minimieren. Es geht weniger um eine Grunsatzdiskussion Röhre/Transe. Auch sollte die ursprüngliche Fragestellung klar machen, daß es um sauberen Klang geht und nicht um Klangverfälschung oder übertriebene Weichheit im Klang. Ich hoffe, daß das Ziel damit wieder im Fokus steht.

                              Noch eine simple Sache zum Thema Transistor <-> Röhre.
                              Es gibt in beiden Bereichen solche Amps die verfälschen und solche die neutral arbeiten. Wenn das beim Transistor alles so klar und einfach wäre, würde es nicht hunderte verschiedene Modelle geben sondern nur ein einziges. Ich bin sicher daß es zwischen unterschiedlichen Transen genauso große Unterschiede gibt wie zwischen Transistor und Röhre.
                              Versucht also bitte mit Fakten an das Thema zu gehen und nicht mit persönlichen Zu- oder Abneigungen.

                              Danke
                              Jürgen

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                              • Ollie
                                Registrierter Benutzer
                                • 26.11.2002
                                • 563

                                #30
                                OK, drehen wir den Hauptfeldwebel einmal um und erzaehl mir, wieso die restlichen 2 Roehren so furchtbar neutral waren? Und dass PP-Konzepte aufwendiger (nicht: komplexer) sind, daran zweifelt ja wohl niemand, oder? Oder hast du's so dicke?

                                Faktenfaktenfakten, Meinungen lese ich montags selber!

                                Cheers,
                                Ollie
                                The patent was abandoned when it was discovered that the problem it fixed was inexistent.

                                Kommentar

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