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  • AH
    AH
    Registrierter Benutzer
    • 17.01.2003
    • 586

    #31
    Ich erwarte von meiner Stereoanlage etwas anderes
    als das was ich im Konzert zu hören bekomme. Im Konzert hilft
    das Auge bei der Analyse - das hat auch Rudolf wohl so gemeint.
    Bei geschlossenen Augen wird so manches Auditorium bei komplexen
    Signalen undurchhörbar. Eine gute (??) Aufnahme und Anlage kann
    so etwas vermeiden.
    Hallo Axel,

    hier kann ich Dir beipflichten, bei komplexeren Partituren schätze auch ich einen musikalisch sinnvollen Einsatz von Stützmikrofonen, welche die Durchhörbarkeit verbessern.

    Grundsätzlich kann man aber viel bei der Gestaltung des Klanges vor der Mikrophonmembran machen, damit das Klangbild bereits an sich (Stereo-Hauptmikrophon) durchhörbar und von insgesamt guter Gesamtqualität ist.
    Je besser der Klang vor dem Mikrophon, desto weniger muß man nachhelfen.

    Ich persönlich höre mit geschlossenen Augen meist mehr, als mit offenen. Das Auge hat die Eigenschaft, sich auf einen Punkt zu fixieren, während das Gehör zur simultanen und getrennten Wahrnehmung verschiedener Stimmen geeignet ist. Das "polyphone" Hören muß aber trainiert werden.

    Ich mache das öfter mit Hörern, indem ich Streichtrio, Streichquartett, Streichquintett und Streichsextett vorspiele und dann frage, wieviel Instrumente jeweils zu hören gewesen sind. Das Ergebnis ist i.d.R. niederschmetternd. Dann bekommt man zu hören "Ich achte aufs ganze, auf die Gesamtheit" oder dergleichen Ausreden. In Wahrheit haben sie überhaupt nix gehört

    Gegenüber Kompression und künstlichem Nachhall bin ich dagegen eher ablehnend eingestellt. Die Kompression von Pegelspitzen finde ich unangenehm/lästig. Das hängt damit zusammen, daß der "Klirrfaktor" der Instrumente stark pegelabhängig ist (v.a. bei hohen Pegeln) und die Sache dann zusammen mit den Kurven gleicher Lautstärke nicht mehr zusammenpaßt.
    Beispiel: Man kann eine fortissimo "schmetternde" (= verzerrende) Trompete auch leise wiedergeben, aber man hört sofort, daß da etwas nicht stimmt, man hört durch die Oberwellen, daß die Trompete laut spielt, aber sie ist leise - diese Divergenz finde ich lästig.
    Da ist es besser, die leisen Stellen (wo die Instrumente "linearer" sind) etwas anzuheben, also die Täler aufzufüllen, statt die Pegelspitzen abzuschleifen. Toll finde ich das aber auch nicht, je weniger komprimiert, desto schöner ist für mich die Aufnahme.


    Gruß

    Andreas

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    • Der_Axel
      Registrierter Benutzer
      • 30.04.2003
      • 606

      #32
      Nicht so hart !!

      Hallo Andreas,
      ==========
      Volle Zustimmung zu fast Allen Deinen Aussagen.
      Jedoch:
      Das "polyphone" Hören muß aber trainiert werden.
      Halte ich für dämagogisch ;° )
      Müssen tut hier niemand.
      Ich bin eher der Ansicht, dass es unterschiedliche Leidenschaften beim
      Musikhören gibt: Die Holisten und die Analysten

      Klar, wer analytisch hören will muß das auch vorher wollen, das Training
      kommt dann von alleine. Wer lieber in Musik badet braucht das nicht.

      Ich kann mich noch einigermaßen gut daran erinnern, als ich mit Gitarre
      angefangen habe und wie schwer es mir - erst mal - gefallen ist hohe von
      etwas höheren oder tieferen Tönen zu unterscheiden. Und diesen Effekt
      hab ich mittlerweile bei meinen Kindern auch gut nachverfolgen können.

      Und hier beginnt das polyphone Hören. Schwebungen zu erkennen
      ist eine Frage der Übung um nicht zu sagen der Ausbildung. Um Instrumente
      zu erkennen oder gar zu unterscheiden muß man diese natürlich erst mal kennen !!

      Was glaubst Du, wie viele 'Audiophiele' ich schon getroffen habe, die
      ein Saxophon nicht von einer Klarinette - geschweige denn
      ein Kornett von einer Trompete oder gar eine Bratsche von einer Geige zu
      unterscheiden in der Lage waren ??

      Was glaubst Du, wie viele mir bei Lautsprechertests schon erzählt haben,
      dass die Geige (.....) unnatürlich klingt und - nachgefragt - wann haben Sie denn zum
      letzten Mal eine Geige unverstärkt und in Natur gehört ??

      Dann hat man an den Augen schon gesehen: vermutlich noch nie !!!!!

      Aber um Musik zu hören bzw. zu genießen braucht es das nicht (unbedingt) finde ich.

      Ein völlig anderes Thema ist die Frage nach der lautstärkespezifischen
      Formantenverteilung. Das macht unser Hobby echt schwierig.
      Klar, hat eine leise gespielte Blockflöte eine völlig andere spektrale
      Oberwellenverteilung als eine leise gespielte. Hier versteckt sich ja genau
      die Information: Ich werde gerade leise (bzw. laut) gespielt.
      Und da wird oft im Tonstudio an den 'Größenverhältnissen' gedreht.
      Gruß,
      Der_Axel


      ===========================
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      ===========================

      Kommentar

      • beamter77
        Registrierter Benutzer
        • 13.03.2004
        • 58

        #33
        Habe als fast Bayreuther im Laufe der Jahrzehnte drei Aufführungen im Festspielhaus erleben dürfen.

        Die Musik kommt aus einem "Graben". Sie "verteilt" sich im Raum. Eine "Ortung", der Instrumente war für mich nicht möglich.

        Es ist das Gesamtkunstwerk, das begeistert.

        An der heimischen Stereoanlage klingt es völlig anders.
        Zwei Welten eben.

        Axel kann schön erklären.

        Kommentar

        • Mr.E
          Registrierter Benutzer
          • 02.10.2002
          • 5316

          #34
          Wobei ich hier wiederum anmerken muß, daß mir auch schon Aufnahmen untergekommen sind, bei denen ich auf einem Blatt Papier aufzeichnen konnte, welche Instrumente wo im Orchester stehen.

          Keine einzelnen Instrumente, aber schon relativ genau.

          Ob die Zeichnung dann auch wirklich stimmt, ist eine andere Frage.
          Aber man konnte recht deutlich die Positionen unterscheiden.

          Kommentar

          • hermes
            Registrierter Benutzer
            • 05.04.2005
            • 168

            #35
            statement

            Hallöchen,

            hier sind viele gute Beiträge zu finden! Ich bin auch der Meinung, dass ein echtes Orchester oft einfach anders ist und vieles von dem wahrgenommenen Klang in Warheit aus der visuellen Informaiton stammt. Jedenfalls ist es mir schon öfters vorgekommen, dass man wenn man im Konzert die Augen schließt und sich vorstellt, das wäre eine Anlage, nach hifidelen Kriterien nicht überzeugt ist.

            Ich denke, es macht auch keinen Sinn Hifi immer dem heiligen Gral des Konzerterlebnisses hinterher laufen zu lassen.

            Man muss denke ich beide als eigenständige Kunstform sehen, die unterschiedliche Stärken und Schwächen haben. Wie kann ich denn ein Livekonzert mit einer reinen Tonaufnahme vergleichen, wenn das Lifekonzert und vor allem der "Mittendrin-Eindruck" zu beträchtlichen Teilen aus dem Bild kommt, dass bei normalem Stereo fehlt?

            Und dann muss man doch mal umgekehrt sagen: Außer klassischen Instrumenten und Stimmen existiert alles, was wir aus unseren Anlagen hören gar nicht in echt! Hat schon mal jemand versucht eine musikalisch nicht zu flache und akustisch komplexe Goa-CD mit echten Instrumenten nachzuspielen? Viel Spass

            Hifi ist eben eine Illusion und es ist ja ein gutes Recht, sie so prickelnd wie möglich zu gestalten, aber vieles davon hat gar nicht so viel mit der vermeintlichen Natürlichkeit zu tun. Beispiel Durchhörbarkeit, Ortung, Tiefeneindruck usw. Eine Illusion hat eben andere Stärken als die Realität.

            Ich denke bei entsprechendem Aufwand seitens Aufnahme, Verarbeitung und Wiedergabe könnte man mit 60 Aufnahmespuren, High-End-Wellenfeldsynthese, Schalltotem Raum und Double-Bass-Array auf der akustischen Seite und Digitalbeamern wie dem neuen SXRD-Projektor von Sony

            http://www.cine4home.de/tests/projek...ny4K/SR110.htm

            auf der visuellen Seite schon heute den Realitätseindruck eines echten Konzertes schaffen, gepaart mit perfekter akustischer Abmischung. Aber warum das ganze? Da ist es doch viel billiger sich 100 Musiker und einen Raum zu mieten und das ganze in echt zu haben! Das WISSEN, dass etwas life und echt ist wird man selbst in 100 Jahren nicht aufzeichnen können, und das macht einen enormen Einfluss.

            So haben beide Welten, Hifi und Konzert ihre Daseinsberechtigung und in Teildisziplinen Überlegenheit gegenüber der jeweils anderen Welt.

            Mich wundert es zum Teil, dass die Stärken von Hifi in Puncto Frequenzumfang, Raumillusion, künstliche Instrumente, Lautsärke so selten von Musikern auf der künstlerischen Seite genutzt werden. Warum gibt es so wenige gute Musiker, die richtig gute Soundwelten kreieren mit Tiefbassorgien, sich bewegenden Instrumenten, wechselnden Räumen und Echos, Instrumente, die ineinander übergehen, ihren Klang bruchlos verändern, dazu klassische Instrumente und Gesang. Anstatt dessen wird diese Kunstform zu einem Großteil den Techno-DJs überlassen und es entsteht der vermeintliche Trugschluss, künstliche Musik sei unmusikalisch. Das müsste nicht sein! Man kann mit einem Keyboard, ein paar Effektpedalen und einem guten Programm nahezu jeden erdenklichen Klang in ein Instrument umwandeln, das über das Gespieltwerden über den Menschen und das Keyboard lebendig wird. Man kann auch bei künstlichen Instrumenten das Obertonspektrum von der Lautstärke abhängig machen und mit entsprechenden Druck- und Anschlagsensoren Musikalität des spielenden Musikers umsetzen. Die Künstlerische Freiheit und Vielfalt, die die Hifi-Wiedergabe nun ermöglicht übertrifft jedes Lifekonzert um Welten. Ob es nun mitreisender ist ist dann Geschmackssache. wie gesagt, es sind zwei Welten.

            Grüße
            Hermes

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            • herbert1
              Registrierter Benutzer
              • 19.12.2005
              • 74

              #36
              Die Realität eines Live-Konzerts wird man nie ins heimische Wohnzimmer bringen. Es ist auch gar nicht notwendig oder erwünscht.

              Hier fehlen die Grösse des Raumes, die Dynamik, die Anwesenheit von Musikern und anderen Konzertbesuchern, das Starren nach schön herausgeputzten Frauen und vieles mehr. Einfach das Gefühl dabei zu sein.

              Wenn ich daran denke, dass ich beim letzten Konzert neben zwei ca. 90 jährigen Damen gesessen bin, die mich schon wegen einer kleinen Handbewegung mit bösen Blicken anstarrten, dann vergeht mir das Live und ich sitze lieber im heimischen Wohnzimmer bei einem guten Glas Wein, einer Zigarette und meiner lieben Frau, um entspannt in lockerer Umgebung Musik geniessen zu können.

              Viele Leute hätten Interesse an guter klassischer Musik, aber sie scheuen dieses Förmliche und Überspitzte, den Kleidungszwang, der ihnen die Freude an diesen Aufführungen raubt. Bei Konzerten in denen klassische Orchester im Freien spielen, bei denen gegessen, getrunken und herumgelümmelt werden darf, ist auch die Jugend mit Eifer und Interesse dabei und durchaus für Wagner und Co zu begeistern.

              Kommentar

              • Gast-Avatar
                tiki

                #37
                Hallo,
                In Wahrheit haben sie überhaupt nix gehört.
                Nun ja, im Verhältnis zu Deinem Vorwissen würde ich mir das auch locker "zutrauen".

                Trotzdem gehe auch ich sehr gern ins Konzert und lasse mich selbst im Theater mit Vorliebe von den Schauspielern "anspucken", weil ich nicht weit genug weg sitzen will.

                Gruß, Timo

                Kommentar

                • AH
                  AH
                  Registrierter Benutzer
                  • 17.01.2003
                  • 586

                  #38
                  @ Axel:

                  Ich bin eher der Ansicht, dass es unterschiedliche Leidenschaften beim
                  Musikhören gibt: Die Holisten und die Analysten
                  Ich finde die Termini unpassend. Holistisch bedeutet letztlich, daß ein Überblick über die Gesamtheit eines Werkes existiert, setzt also eine vollständige formale Erfassung voraus.

                  Ich würde eher den Terminus "Klanghörer" vorschlagen, weil dieser Hörertyp nur den Klang wahrnimmt und zu einer formalen Erfassung eines Werkes nicht in der Lage ist.

                  Hier kann der Klanghörer beginnen, seine Rezeptionshaltung zu überwinden :

                  http://svt.se/hogafflahage/hogafflaH.../hestekor.html

                  @ Hermes:

                  Mich wundert es zum Teil, dass die Stärken von Hifi in Puncto Frequenzumfang, Raumillusion, künstliche Instrumente, Lautsärke so selten von Musikern auf der künstlerischen Seite genutzt werden. Warum gibt es so wenige gute Musiker, die richtig gute Soundwelten kreieren
                  Die elektronische Musik ist ein fester Bestandteil der Ausbildung von Studenten und ein ebensolcher Bestandteil der zeitgenössischen Kunstmusik.

                  http://www.hfm-koeln.de/elektr-studio.html

                  Nur findet dies in der Öffentlichkeit kaum Beachtung.

                  Jedenfalls ist es mir schon öfters vorgekommen, dass man wenn man im Konzert die Augen schließt und sich vorstellt, das wäre eine Anlage, nach hifidelen Kriterien nicht überzeugt ist.
                  Das ist mir noch nie passiert. Eine Ursache dafür könnte sein, daß ich zuerst mit Originaldarbietungen vertraut war, bevor Musikwiedergabe von Bedeutung wurde. Die meisten Rezipienten dürften umgekehrt über Musikwiedergabe sozialisiert sein, während Originaldarbietungen erst im späteren Verlauf ihres Lebens Bedeutung erlangten.

                  Gruß

                  Andreas

                  Kommentar

                  • Der_Axel
                    Registrierter Benutzer
                    • 30.04.2003
                    • 606

                    #39
                    Hallo,
                    ====
                    @ Andreas:
                    Da gabs es wohl ein Missverständnis. Mit Holistisch meinte ich nun ganz und
                    garnicht diejenigen, die ein Werk 'intellektuell und in Gänze' durchdrungen haben !!
                    Sondern viel mehr diejenigen, die fernab von Theorie, Instrumentierung
                    und intellektueller Analyse ein Werk einfach hören - ich hatte oben gesagt:
                    in Musik baden.
                    Ähnlich wie wenn man moderne Elektronische Musik hört, die sich genau einer
                    solchen intellektuell-analytischen Betrachtung entzieht.
                    Aber Klanghörer ist für mich voll OK.

                    @ Hermes:
                    . . . Raumillusion, künstliche Instrumente, Lautsärke so selten von Musikern auf der künstlerischen Seite genutzt werden. Warum gibt es so wenige gute Musiker, die richtig gute Soundwelten kreieren
                    Ich befürchte, da irrst Du Dich. Ich glaube der normale Musikfreund
                    macht sich keinerlei Vorstellung darüber was so alles bereits klangtechnisch
                    gezaubert wird - am wenigsten noch von den Musikern sondern am meisten
                    von der Toningenieuren.
                    Bei 98% der Pop - und Unterhaltungsmusik gibt es keine echten Streicher
                    mehr, das wird alles per Computer gesampelt - und nicht nur die ...
                    Gruß,
                    Der_Axel


                    ===========================
                    Music is Art -- Audio is Engineering
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                    Kommentar

                    • hermes
                      Registrierter Benutzer
                      • 05.04.2005
                      • 168

                      #40
                      @ Andreas

                      Klar gehört künstliche Musik zur Ausbildung. Am Ende wagen sich aber doch nur sehr wenige daran ihre Kreativität auf diesem Wege umzusetzen. Ich denke, das liegt auch an dem Beträchtlichen technischen Wissen, das dann nötig wird, was vielleicht zunächst auch abstoßend wirkt auf einen Musiker der zu 95% mit Klassik und klassischen Instrumenten aufgewachsen ist.

                      Zu Punkt zwei:

                      Ich bin auch ohne Hifi aufgewachsen. Ich bin klanglich sozusagen vollständig als Trompeter Solo/Orchester geprägt.
                      Was ich damit meinte, dass viele Konzerte einen Audiophilen nicht zufrieden stellen würden hab ich etwas falsch ausgedrückt. Natürlich hat ein echtes Konzerrt 0% Klirr, keine Frequenzgangfehler und keine von all den anderen Fehlern, mit denen wir uns manchmal rumschlagen. ICh hätte vielleicht eher sagen sollen, dass es nach Tontechnikerkriterien nicht in Ordnung ist. In Vielen Räumen von der Schulaula bis zu edlen Kammermusikkonzerten mit 30 Hörern verschwimmt der Klang durch zu viel Hall, harte Reflexionen und Echos. In anderen Räumen passiert das Gegenteil, es wird zu viel Schall geschluckt, wodurch akustische Instrumente völlig leblos werden. Und die Klangbalance zwischen Grundtönen und Obertönen sowie zwischen den einzelnen Instrumenten ist oft je nach Sitzplatz ziemlich suboptimal.

                      Ich hatte jüngst wieder das Vergnügen: Ein kleiner Raum, Brahms Klavierquintett mit Pierre-Laurant Aimard. Der Mann ist ein super Pianist und man konnte ihm ansehen, wie er schwitze und körperlich arbeitete um alles aus dem Flügel rauszuholen und trotzem blieb das Klavier emotionslos und völlig ohne Dynamik. Man konnte es (es stand hinter den Streichern) im Tutti nicht mehr heraushören. Ich hab hinterher meinen Augen nicht getraut, dass das ein Steinway war! Das Problem war einfach der Raum. Ein stark mit Teppich bedämpfter Konzertraum in einem Hotel mit dicht sitzenden Zuschauern. Der Tontechniker vom SWR, der das ganze aufzeichnete hat es da schon leichter: Zwei Mikrophone im Flügel, jeder Streicher ein Mikro plus zwei Hauptmikros über der ersten Reihe und zwei Hallmikros weit hinten in der Nähe der Rückwände. Ich denke, wenn ers gut macht vermittelt die Aufnahme rein vom Ton/Klang her betrachtet wesentlich mehr Emotionen. Nur eben ohne Livegefühl.

                      Der einzige Raum, der mich in Sachen Klangbalance an den verschiedensten Plätzen überzeugt hat ist das neue Konzerthaus in Freiburg. Man hört selbst an den Seitenrängen und hinten jedes Instrument als eigenständige Stimme heraus und selbst im Tutti hat man das, was die Hifi-Puristen Übersicht nennen. Aber ok, das Konzerthaus wurde auch extra für diesen Zweck berechnet und gebaut und hat eine komplexe Struktur aus gebogenen Holzwänden an der SEite und Absorbern über der Bühne.

                      @ Axel
                      Ich meinte nicht die bloße Anwendung von Klangtricks, wie sie teils recht plump in der Popmusik angewandt werden. Ich meinte, dass man sie künstlerisch hochwertig nutzt.
                      Grüße
                      Hermes

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                      • AH
                        AH
                        Registrierter Benutzer
                        • 17.01.2003
                        • 586

                        #41
                        Hallo Hermes,

                        In Vielen Räumen von der Schulaula bis zu edlen Kammermusikkonzerten mit 30 Hörern verschwimmt der Klang durch zu viel Hall, harte Reflexionen und Echos.
                        Solche Räume sind zum Musizieren dann einfach nicht geeignet. Wir haben auch einige Jahre in einer Aula proben müssen, das war wirklich scheußlich.

                        In anderen Räumen passiert das Gegenteil, es wird zu viel Schall geschluckt, wodurch akustische Instrumente völlig leblos werden. Und die Klangbalance zwischen Grundtönen und Obertönen sowie zwischen den einzelnen Instrumenten ist oft je nach Sitzplatz ziemlich suboptimal.
                        Zu trockene Räume kenne ich eigentlich kaum, das ist aber Geschmacksfrage. Die Klangbalance ist eine Sache der Musiker, womit wir beim nächsten Thema sind:

                        Ich hatte jüngst wieder das Vergnügen: Ein kleiner Raum, Brahms Klavierquintett mit Pierre-Laurant Aimard. Der Mann ist ein super Pianist und man konnte ihm ansehen, wie er schwitze und körperlich arbeitete um alles aus dem Flügel rauszuholen und trotzem blieb das Klavier emotionslos und völlig ohne Dynamik. Man konnte es (es stand hinter den Streichern) im Tutti nicht mehr heraushören. Ich hab hinterher meinen Augen nicht getraut, dass das ein Steinway war! Das Problem war einfach der Raum. Ein stark mit Teppich bedämpfter Konzertraum in einem Hotel mit dicht sitzenden Zuschauern.
                        Ich denke, dies ist eindeutig ein Fehler der Musiker. Man muß sich auch als Musiker mal an verschiedene Plätze ins Auditorium setzen und hören, wie es dort klingt. Die Klangbalance ist entsprechend einzustellen. Leider neigen viele Musiker dazu, das Podium nicht zu verlassen.
                        Wenn das Klavier im Tutti nicht zu hören ist, sind entweder die Streicher zu laut (kann man ändern) oder das Klavier ist zu leise bzw. der Deckel nicht weit genug geöffnet oder sogar ganz zu (kann man auch ändern). Notfalls nimmt man den Deckel ganz weg, eine Maßnahme, die oft - und erfolgreich - ergriffen wird, wenn ein Klavier nicht solistisch irgendwo mitten in einem großen Orchester mitwirkt.

                        Nach meiner Erfahrung sind die Anforderungen an einen guten Raum gar nicht so hoch. Sehr wichtig ist, daß der Raum nicht zu groß ist.
                        Kammermusik in einem großen Konzertsaal geht z.B. einfach nicht (wird aber ob der Rendite oft gemacht). Aber auch die Konzertsäle für größere Besetzungen sind m.E. heutzutage oft zu groß.

                        Denn die zweite Anforderung ist eine nicht zu lange Nachhallzeit. Wenn man einen großen Saal hat, braucht man eine lange Nachhallzeit, um ihn klanglich zu füllen. Da fangen die Probleme dann an.....

                        Ein hoher Seitenschallgrad fördert zudem durch seitliche Reflexionen den "Nähe"-Eindruck beim Publikum.

                        Zusammenfassend ergibt sich daraus, daß ein guter Saal eine Schuhschachtelform (nicht zu breit, wegen des Seitenschallgrades) hat, kein zu großes Volumen besitzt und eine nicht zu lange NHZ aufweist, die zudem halbwegs frequenzlinear sein sollte, zu hohen Frequenzen jedoch etwas sinken kann. Für große Besetzungen ist eine RT60 von 2s (im besetzten Zustand und bei mittleren Frequenzen) angemessen, für Kammermusik reicht 1s.
                        Es hängt natürlich alles auch am Genre, aber pauschal entspricht das meiner Erfahrung.

                        Kammermusik höre ich viel im kleinen Sendesaal des NDR Hannover, der ist prima (zumindest in der ersten Reihe, wie er hinten klingt, weiß ich nicht, dürfte aber gut sein).
                        Der große Sendesaal in Hannover ist zu hallig und hat einen zu geringen Seitenschallgrad, aber die Musikhalle in Hamburg (Laiszhalle) ist mir wieder sehr angenehm, nicht zu groß und nicht hallig.
                        Viele moderne Säle sind zu groß und zu hallig, aber man kann das Problem lösen, indem man sich nach vorne setzt. Ich sitze nie hinter Reihe 5 und da ists in Konzertsälen eigentlich immer akzeptabel, man hört weniger Saal und mehr Musik.
                        Das Stereo-Hauptmikrophon wird ja auch nicht über Reihe 20 angebracht, sondern dort, wo ein gutes r/d-Verhältnis herrscht.

                        Gruß

                        Andreas

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                        • Der_Axel
                          Registrierter Benutzer
                          • 30.04.2003
                          • 606

                          #42
                          Hallo Hermes,
                          ==========
                          Ich meinte, dass man sie künstlerisch hochwertig nutzt.
                          Das meine ich aber auch !!
                          Und nicht nur das. Ein Tontechniker ist in der Lage mit multi-Mikrofonierten
                          Aufnahmen komplett neue Bühnen aufzubauen - Ja er muß das geradezu.
                          Eine Aufnahme mit sagen wir mal 60 Mikros über den Instrumenten wird
                          nie ein vernünftiges räumliches Klangbild ergeben ohne vehemente Nachbehandlung.
                          Hier werden den einzelnen Instrumenten - im Nachhinein - Delays zugeordnet,
                          die die Instrumente (im Nahfeld aufgenommen) wieder 'zurück in den Raum, oder
                          auf die Bühne' schieben - allerdings mit ihrem 'Nahfeldklang'. Oft werden deshalb
                          Aufnahmen so analytisch. Für mich ist das so OK. Das ist es was ich von einer
                          Aufnahme erwarte. Im Konzert hab ich so was allerdings noch nie gehört - mit gutem Grund -
                          - und das ist genau so OK.
                          Gruß,
                          Der_Axel


                          ===========================
                          Music is Art -- Audio is Engineering
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                          Kommentar

                          • AH
                            AH
                            Registrierter Benutzer
                            • 17.01.2003
                            • 586

                            #43
                            @ Axel:

                            Hier werden den einzelnen Instrumenten - im Nachhinein - Delays zugeordnet, die die Instrumente (im Nahfeld aufgenommen) wieder 'zurück in den Raum, oder auf die Bühne' schieben - allerdings mit ihrem 'Nahfeldklang'. Oft werden deshalb Aufnahmen so analytisch. Für mich ist das so OK. Das ist es was ich von einer
                            Aufnahme erwarte.
                            Diese Form der Technik hat sicher ihre Berechtigung, wenn Nachfrage danach besteht. Ich persönlich habe nichts gegen synthetische Klangbilder oder Collagen aus synthetischen und akustischen Komponenten.
                            Aber wenn rein akustische Musik durch die Nahaufnahmetechnik "plastiniert" wird, dann empfinde ich das als Perversion, ein solches Klangbild ist für mich in jeder Beziehung lästig und ermüdend, mehr als eine Minute halte ich meist nicht aus - dann fliegt die CD aus dem Abspielgerät. Die überaus klangprägende Richtcharakteristik der Instrumente wird aus dem Klangbild entfernt, es klingt daher künstlich und total verfärbt.

                            Ich habe mit verschiedenen Hörern Versuche dazu gemacht und habe noch keinen einzigen (!) Hörer gefunden, der das Klangbild einer Nahaufnahme gegenüber einer konventionellen Aufnahme mit einem Stereo-Hauptmikrophon und Stützmikrophonen bevorzugt.

                            Du bist der erste, der sagt, er würde so etwas von einer Aufnahme erwarten.

                            Meine Erfahrung geht dahin, daß v.a. die im Durchschnitt absolut miesen Hörbedingungen die Existenz der Nahaufnahme befördern.
                            Wenn die Hörbedingungen gut sind, d.h. wenn die hörbare Interaktion zwischen Lautsprecher und Hörraum hinreichend unterdrückt wird, findet sich nach meiner Erfahrung kaum ein Liebhaber von Nahaufnahmen.
                            Da kann Hall und Reflexionen oder auch ein toter Hund zugemischt werden, es klingt immer verfärbt, leblos und steril.

                            Ich vergleiche hierzu regelmäßig mit verschiedenen Probanden das Klangbild von Bigband-Aufnahmen (Nahaufnahme) mit sinfonischen Aufnahmen (Hauptmikrophon und Stützen), das Ergebnis ist für die Nahaufnahme niederschmetternd.

                            Leider sind Mono-Hühner vermutlich nicht anfällig gegen die Hühnerpest

                            Gruß

                            Andreas
                            Zuletzt geändert von AH; 13.03.2006, 18:41.

                            Kommentar

                            • hermes
                              Registrierter Benutzer
                              • 05.04.2005
                              • 168

                              #44
                              @ Andreas

                              Zu trockene Räume kenne ich eigentlich kaum, das ist aber Geschmacksfrage. Die Klangbalance ist eine Sache der Musiker, womit wir beim nächsten Thema sind:
                              Wenn du keine zu trockenen Räume kennst, dann bist du aber schon ein übler Analytikhörer ! Die meisten Instrumente leben vom Raum, ganz besonders Trompeten. Mein früherer Trompetenlehrer hatte einen schalltoten Raum (10 cm Noppen ) zum üben. Ich hab da auch mal drin gespielt, da wird einem übel von dem Klang, aber sowas hast du sicher nicht gemeint.

                              Die Klangbalance ist an sich eine Sache der Musiker, da hast du recht, aber oft sind ihnen hier enge Grenzen gesetzt. In meinem oben beschriebenen Beispiel war der Flügel schon offen und eine andere Positionierung kam aufgrund von Platzproblemen nicht in Frage. Sagt man nun, die Streicher sollen immer so leise spielen, damit man das Klavier im Tutti auch hört is die Musik vollends tot, nein ich will den Musikern in diesem Fall keinen Vorwurf machen. Zu einem guten Konzerterlebnis gehört einfach ein guter Raum. Davon gibt es tatsächlich gar nicht so wenige. Übrigens, das Freiburger Konzerthaus deckt deine Raumwünsche sehr gut. Es hat seitlich stark reflektierende lackierte Holzwände, an der gesamten Decke Absorber und die gewünschte Schuhschachtelform. Die Nachhallzeit ist für einen Raum dieser Größe wirklich recht kurz und sagenhaft Farbenfroh (naja, was einem das Ohr halt so meldet) . Da haben wir sogar ähnliche Geschmäcker.

                              @ Axel

                              Ich sehe das ähnlich wie Andreas. Die besten Klassikaufnahmen entstehen für mich mit einem guten Orchester und in einem sehr guten Saal. Ist das Orchester jetzt gut positioniert kommen am Ende mit Zwei Mikrophonen wunderbare Aufnahmen heraus. Wo nichts nervt und man ein schönes Raumgefühl hat. Mit dem Nachteil natürlich, dass der Tontechniker nachträglich nichts mehr ändern kann, was schlecht ist, bleibt schlecht.

                              Bei klassischen Aufnahmen sind oft wegen den Räumlichen Verhältnissen und der Balance Stützmikrophone nötig, aber imho ist das zusammengesetzte Klangbild hinterher irgendwie "seltsam ". Man hört ein hinten Sitzendes Instrument mit seinem Nahfeldfrequenzgang, aber trotzdem weit weg. Nach meiner Erfahrung geht der Raumeindruck so oft verloren, man hat zwar eine super Ortung und jede Menge Details aber kein geschlossenes Klangbild mehr.

                              Was anderes ist es, wenn ich die einzelnen Schallquellen im Studio aufnehme, alle in den selben virtuellen Raum pflanze und dann mische, aber das ist bei klassischen Aufnahmen ja nicht möglich.

                              Am Ende is es halt Geschmackssache, wie immer.

                              Grüße
                              Hermes

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                              • Der_Axel
                                Registrierter Benutzer
                                • 30.04.2003
                                • 606

                                #45
                                Hallo Andreas und Hermes / Alle,
                                =======================
                                in meiner alten Post ist leider ein in die Irre führender Satz:
                                Das ist es was ich von einer Aufnahme erwarte.
                                reingerutscht oder versehentlich stehen geblieben. Nein, das erwarte ich nicht, wünsche
                                mir aber schon ein etwas analytisches Klangbild.
                                Oft werden deshalb Aufnahmen so analytisch. Für mich ist das OK.
                                Noch mal: Ich will keine gesoundeten Aufnahmen, mir ist aber eine etwas überarbeitete
                                lieber als undurchsichtiger Klangmatsch.
                                Ich veranstalte ja selber seit 10 Jahren Konzerte (im kleinen Rahmen) und gelegentlich
                                machen wir auch Aufnahmen - mit zwei guten Mikros, ordentlich positioniert, fertig.

                                Ich bin aber auch schon in Konzerten gewesen, bei denen das Orchester im Graben gespielt hat -
                                sowas ist unzumutbar, wenns nicht grad Ballett oder Oper ist. Hier ist dann nichts mehr
                                von wegen Analytik.
                                Gruß,
                                Der_Axel


                                ===========================
                                Music is Art -- Audio is Engineering
                                ===========================

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