Hallo Musikgenießer und DJs.
Wer seinen Plattenspieler mit einem Abtastsystem mit Halbzollmontage bestückt, sollte dieses auch richtig montieren, damit der Klang nicht schlimmer wird, als unbedingt nötig. Durch einen zu großen Spurfehlwinkel (Abtastsystem nicht parallel zur Rillentangente) handelt man sich hörbare Verzerrungen ein.
Wie man die Einstellung vornimmt, habe ich bei einem RFT SP3001HiFi durchgeführt, dokumentiert und gut erkennbare Fotos geschossen. Es handelt sich um einen gewöhnlichen automatischen Plattenspieler mit relativ kurzem Tonarm.
Bitte überblickt erstmal schnell folgende beiden Bilder über die Geometrie eines Plattenspielers:
Quelle: www,theanalogdept,com
Um den Plattenspieler auf die individuellen Bedüprfnisse zu optimieren, kann ich ein MS-Excel-Spreadsheet wärmstens empfehlen, nämlich "Brian Kearn's Arm Data Calculator". Man braucht z. B. den Abstand der Achsmitten von Plattenteller und Armlager seines Plattenspielers und den Radius der innersten und äußersten Rille der Schallplatten, die man gewöhnlich spielt. Die Tabelle gibt die Nullradien für den Protraktor aus. Müll input resultiert in Müll output. Also ausprobieren.
Ein Protraktor ist eine Schablone zum einstellen des Abtastsystems. Ganz einfach zu basteln und zu verwenden. Man nehme ein Stück Millimeterpapier, markiere den Punkt der Plattentellerspindel und setze auch dort Punkte, wo die Nullradien sich befinden. Auf die Spindel gesteckt sieht das dann so aus.
Übliche Langspielplatten haben Musik von 143mm bis 75mm, Sampler und Alben mit Überlänge sogar bis 62mm ins Platteninnere. Meine Berechnungen ergaben optimale Nullradien für normale Langrillen wären 80,6mm und 126,2mm. Verzerrungen bleiben dabei unter 0,4% und sind nicht hörbar. Die letzten paar Minuten eines Samplers würden jedoch mit mehr als 2% hörbar verzerrt. Wer also auch Sampler spielt, sollte die Nullradien 67,6 und 120mm auf seinem Protraktor einzeichnen, wie ich das auch getan habe. Verzerrungen bleiben so selbst beim letzten Track knapp unter 0,7% und sind für Menschenohren gerade noch nicht hörbar. Der Rest der Musikanlage darf nun keine nennenswerten Verzerrungen mehr produzieren.
Wer sich nicht ganz sicher ist, dem rate ich den Protraktor von www,EnjoyTheMusic,com, ein PDF, in Originalgröße zu drucken. Er stellt mit seinen Nullradien bei 70,3mm und 126,8mm einen guten Kompromiss dar. Von den Standardprotraktoren nach Baerwald oder Löfgren kann ich nur abraten.
Vorgehensweise:
00 Hinweis: Bewegungen nur bei angehobenem Tonarm vornehmen!
01 Abtastsystem ganz vor, Schrauben nicht festbrummen
02 Bleistiftmine an einer geraden Kante des Systems befestigen, z. B. mit Klebeband.
03 Nadel exakt auf äußerem Punkt absetzen.
04 System so drehen, dass Bleistifmine parallel zum Muster auf dem Papier.
05 Nadel exakt auf inneren Punkt setzen, Bleistiftmine parallel?
06 Wenn nach links geneigt, dann System zurück schieben. Weiter mit 03 sonst 07.
07 Wenn nach rechts geneigt, dann System vor schieben. Weiter mit 03 sonst 08.
08 Bleistiftmine ist im äußeren und inneren Punkt parallel, also festschrauben.
09 Überprüfe Parallelität außen. Parallel, dann zu 11. Nicht mehr parallel?
10 Wiederhole im festgeschraubten Zustand ab 03.
11 Stelle die Auflagekraft mit Hilfe einer Tonarmwaage ein. *
12 Korrigierge ggf. auch die Anti-Skating-Kraft. *
13 Fertig :-)
*) Erkläre ich auch noch, aber später im Thread.
Hier die Bilder dazu:
Parallelität im äußeren Punkt (äußerer Nullradius).
Im inneren Punkt leichte Linksneigung erkennbar, also Tonarm effektiv noch zu lang, deshalb System hinter schieben!
Bei der Justierung kommt es wirklich auf einen halben Millimeter an, sonst kann man sich die Arbeit getrost sparen. Auch wer sich mit Scratching und ähnlicher Akrobatik an seinen Platten vergeht, braucht keine Justierung mit Schablone.
Das Abtastsystem, was ich hier verwende, ist von Nagaoka, Japan, nicht mehr erhältlich. Baugleich ist das Goldring Elan, ein gutes Einsteigersystem, relativ preisgünstig, aber es gibt für vergleichbar niedrige Preise auch bessere Systeme von diversen Marken. Billig ist audio-technica, berühmt ist Ortofon, modern ist Grado. Hinter audio-technica und Tonar verbirgt sich übrigens Nagaoka (Hersteller der meisten Standardsysteme). Auch teilweise hinter Goldring und Sumiko.
Ich hoffe, mein Beitrag kann einigen Vinyl-Fans helfen, einen besseren Sound zu genießen. Sollten Fehler drin sein, dann bitte ich flehentlich um eine Nachricht an meine eMail-Adresse. Fragen können wohl gut in diesem Thread geklärt werden.
Grüße.
Frank.
Wichtig: nach langer Zeit muss ich an dem Artikel etwas ergänzen. Später im Thread ist zwar erklärt, wie man die Antiskatingeinstellung vornehmen kann, aber zur Einstellung der Auflagekraft (tracking force) kam von niemandem was konkretes, deshalb jetzt:
Als erstes ist in Erfahrung zu bringen, für welchen Auflagekraftbereich das Abtastsystem geeignet ist. Extremfälle, wie das Shure M91ED laufen ab 7,5mN (allerdings nur mit originaler Nadel, die Nachbauten lassen das nicht zu) ruhig in der Rille. Einige von Ortophon gehen wohl ab 12,5mN und die meisten anderen ab 15mN. Man darf das Minimum keinesfalls unterschreiten, da die Nadel sonst innerhalb der Rille herumspringt und diese beschädigt. Auflagekräfte über 20mN sind auch nicht zu empfehlen, da dann der Abrieb von Diamant und Rille groß wird.
Zusammengefasst: Haltet euch bitte an die, vom Hersteller empfohlene, Auflagekraft für das spezifische Abtastsystem, falls unbekannt, probiert 15mN. Wenn Klangverzerrungen auftreten, Auflagekraft erhöhen. Nach jeder Einstellung der Auflagekraft muss auch die Antiskatingkraft neu eingestellt werden.
Zur Einstellung der Auflagekraft ist eine Waage nötig. Es gibt welche, die nach dem Prinzip einer Wippe funktionieren, es gibt welche mit Federstahlzunge und es gibt elektronische Waagen. Es lohnt sich nicht, viel Geld zu investieren, eine einfache tut es.
Die Auflagekrafteinstellung geschieht meist durch drehen oder schieben des Gegengewichtes oder drehen an einer Rändelschraube hinten am Gegengewicht. Wenn da eine Skale dran ist, dann bitte gemäß der Bedienungsanleitung vorgehen und die Waage unbedingt zur Kontrolle nutzen: an meinem Technics ist eine Skale dran, die stimmt überhaupt nicht.
Wer seinen Plattenspieler mit einem Abtastsystem mit Halbzollmontage bestückt, sollte dieses auch richtig montieren, damit der Klang nicht schlimmer wird, als unbedingt nötig. Durch einen zu großen Spurfehlwinkel (Abtastsystem nicht parallel zur Rillentangente) handelt man sich hörbare Verzerrungen ein.
Wie man die Einstellung vornimmt, habe ich bei einem RFT SP3001HiFi durchgeführt, dokumentiert und gut erkennbare Fotos geschossen. Es handelt sich um einen gewöhnlichen automatischen Plattenspieler mit relativ kurzem Tonarm.
Bitte überblickt erstmal schnell folgende beiden Bilder über die Geometrie eines Plattenspielers:
Quelle: www,theanalogdept,com
Um den Plattenspieler auf die individuellen Bedüprfnisse zu optimieren, kann ich ein MS-Excel-Spreadsheet wärmstens empfehlen, nämlich "Brian Kearn's Arm Data Calculator". Man braucht z. B. den Abstand der Achsmitten von Plattenteller und Armlager seines Plattenspielers und den Radius der innersten und äußersten Rille der Schallplatten, die man gewöhnlich spielt. Die Tabelle gibt die Nullradien für den Protraktor aus. Müll input resultiert in Müll output. Also ausprobieren.
Ein Protraktor ist eine Schablone zum einstellen des Abtastsystems. Ganz einfach zu basteln und zu verwenden. Man nehme ein Stück Millimeterpapier, markiere den Punkt der Plattentellerspindel und setze auch dort Punkte, wo die Nullradien sich befinden. Auf die Spindel gesteckt sieht das dann so aus.
Übliche Langspielplatten haben Musik von 143mm bis 75mm, Sampler und Alben mit Überlänge sogar bis 62mm ins Platteninnere. Meine Berechnungen ergaben optimale Nullradien für normale Langrillen wären 80,6mm und 126,2mm. Verzerrungen bleiben dabei unter 0,4% und sind nicht hörbar. Die letzten paar Minuten eines Samplers würden jedoch mit mehr als 2% hörbar verzerrt. Wer also auch Sampler spielt, sollte die Nullradien 67,6 und 120mm auf seinem Protraktor einzeichnen, wie ich das auch getan habe. Verzerrungen bleiben so selbst beim letzten Track knapp unter 0,7% und sind für Menschenohren gerade noch nicht hörbar. Der Rest der Musikanlage darf nun keine nennenswerten Verzerrungen mehr produzieren.
Wer sich nicht ganz sicher ist, dem rate ich den Protraktor von www,EnjoyTheMusic,com, ein PDF, in Originalgröße zu drucken. Er stellt mit seinen Nullradien bei 70,3mm und 126,8mm einen guten Kompromiss dar. Von den Standardprotraktoren nach Baerwald oder Löfgren kann ich nur abraten.
Vorgehensweise:
00 Hinweis: Bewegungen nur bei angehobenem Tonarm vornehmen!
01 Abtastsystem ganz vor, Schrauben nicht festbrummen
02 Bleistiftmine an einer geraden Kante des Systems befestigen, z. B. mit Klebeband.
03 Nadel exakt auf äußerem Punkt absetzen.
04 System so drehen, dass Bleistifmine parallel zum Muster auf dem Papier.
05 Nadel exakt auf inneren Punkt setzen, Bleistiftmine parallel?
06 Wenn nach links geneigt, dann System zurück schieben. Weiter mit 03 sonst 07.
07 Wenn nach rechts geneigt, dann System vor schieben. Weiter mit 03 sonst 08.
08 Bleistiftmine ist im äußeren und inneren Punkt parallel, also festschrauben.
09 Überprüfe Parallelität außen. Parallel, dann zu 11. Nicht mehr parallel?
10 Wiederhole im festgeschraubten Zustand ab 03.
11 Stelle die Auflagekraft mit Hilfe einer Tonarmwaage ein. *
12 Korrigierge ggf. auch die Anti-Skating-Kraft. *
13 Fertig :-)
*) Erkläre ich auch noch, aber später im Thread.
Hier die Bilder dazu:
Parallelität im äußeren Punkt (äußerer Nullradius).
Im inneren Punkt leichte Linksneigung erkennbar, also Tonarm effektiv noch zu lang, deshalb System hinter schieben!
Bei der Justierung kommt es wirklich auf einen halben Millimeter an, sonst kann man sich die Arbeit getrost sparen. Auch wer sich mit Scratching und ähnlicher Akrobatik an seinen Platten vergeht, braucht keine Justierung mit Schablone.
Das Abtastsystem, was ich hier verwende, ist von Nagaoka, Japan, nicht mehr erhältlich. Baugleich ist das Goldring Elan, ein gutes Einsteigersystem, relativ preisgünstig, aber es gibt für vergleichbar niedrige Preise auch bessere Systeme von diversen Marken. Billig ist audio-technica, berühmt ist Ortofon, modern ist Grado. Hinter audio-technica und Tonar verbirgt sich übrigens Nagaoka (Hersteller der meisten Standardsysteme). Auch teilweise hinter Goldring und Sumiko.
Ich hoffe, mein Beitrag kann einigen Vinyl-Fans helfen, einen besseren Sound zu genießen. Sollten Fehler drin sein, dann bitte ich flehentlich um eine Nachricht an meine eMail-Adresse. Fragen können wohl gut in diesem Thread geklärt werden.
Grüße.
Frank.
Wichtig: nach langer Zeit muss ich an dem Artikel etwas ergänzen. Später im Thread ist zwar erklärt, wie man die Antiskatingeinstellung vornehmen kann, aber zur Einstellung der Auflagekraft (tracking force) kam von niemandem was konkretes, deshalb jetzt:
Als erstes ist in Erfahrung zu bringen, für welchen Auflagekraftbereich das Abtastsystem geeignet ist. Extremfälle, wie das Shure M91ED laufen ab 7,5mN (allerdings nur mit originaler Nadel, die Nachbauten lassen das nicht zu) ruhig in der Rille. Einige von Ortophon gehen wohl ab 12,5mN und die meisten anderen ab 15mN. Man darf das Minimum keinesfalls unterschreiten, da die Nadel sonst innerhalb der Rille herumspringt und diese beschädigt. Auflagekräfte über 20mN sind auch nicht zu empfehlen, da dann der Abrieb von Diamant und Rille groß wird.
Zusammengefasst: Haltet euch bitte an die, vom Hersteller empfohlene, Auflagekraft für das spezifische Abtastsystem, falls unbekannt, probiert 15mN. Wenn Klangverzerrungen auftreten, Auflagekraft erhöhen. Nach jeder Einstellung der Auflagekraft muss auch die Antiskatingkraft neu eingestellt werden.
Zur Einstellung der Auflagekraft ist eine Waage nötig. Es gibt welche, die nach dem Prinzip einer Wippe funktionieren, es gibt welche mit Federstahlzunge und es gibt elektronische Waagen. Es lohnt sich nicht, viel Geld zu investieren, eine einfache tut es.
Die Auflagekrafteinstellung geschieht meist durch drehen oder schieben des Gegengewichtes oder drehen an einer Rändelschraube hinten am Gegengewicht. Wenn da eine Skale dran ist, dann bitte gemäß der Bedienungsanleitung vorgehen und die Waage unbedingt zur Kontrolle nutzen: an meinem Technics ist eine Skale dran, die stimmt überhaupt nicht.
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