Wie kommt Claudia Pohl in die Lautsprecher?
Oder:
Warum aus der großen Standbox Atlas DSM MK 3 von Visaton eine MK 4 und dann eine Atlas DSM Aktiv wurde
Wer ist Claudia Pohl – und was hat sie mit Lautsprechern zu tun?
Claudia Pohl ist der weibliche Teil des schwäbischen Liedermacherduos "Harald Immig und Claudia Pohl"; sie verfügt über eine exzellent geschulte und anspruchsvolle Stimme und hat mit Schuld daran, dass ich mich auf die Suche nach dem perfekten Lautsprecher begab:
Es muss doch möglich sein, diese Stimme ohne Abstriche reproduzieren und somit ins heimische Wohnzimmer holen zu können. Dazu ist es nötig, mit der Atmosphäre (also der emotionalen Wirkung) auch die Illusion der Aufführung oder Darbietung über Lautsprecher wiederzugeben, d.h., die Instrumente und Stimmen müssen nicht nur klanglich und räumlich korrekt, sondern auch in ihrer Größe, ihrem Volumen richtig wiedergegeben werden.
Gute Lautsprecher dürfen sich demnach nicht auf die Erfüllung einzelner technischer Kriterien beschränken, sondern sie müssen insgesamt (als Summe ihrer technischen Fähigkeiten) ein akustisches Bild reproduzieren, das in sich so stimmig ist, dass bei geschlossenen Augen die Illusion entsteht, der Musikaufführung gerade eben beizuwohnen.
Damit ist das anspruchsvolle Ziel benannt.
Gott sei Dank ist das oben genannte Duo nicht nur live ein musikalischer Leckerbissen, sondern es produziert auch auf höchstem Niveau eingespielte CDs. Mit den Eindrücken aus Live-Konzerten und den besten CDs ausgestattet unterzog ich meine Lautsprecher über mehrere Jahre umfassenden Tests und legte Hand an, um dem Klangideal möglichst nahe zukommen. Und sammelte dabei interessante Erkenntnisse.
Zwei Wege Aktiv mit Sub-Woofer
Zuerst konzentrierte ich meine Bemühungen auf mein dem Zeitgeist gerecht werdendes zwei Wege Aktiv-System (Excel 17 Zentimeter Tiefmitteltöner W217EX002 mit Excel Hochtonkalotte T25001), das durch einen aktiven Sub-Woofer unterstützt wird (Visatons TIW 360 sorgt in einem 80 Liter Gehäuse für rabenschwarzen Bassdruck). Die Trennfrequenz der Chassis der Satelliten liegt neuesten Erkenntnissen entsprechend bei niedrigen 1500 Hz, der Sub arbeitet bis 150 Hz.
Die Satelliten mit dem Sub-Woofer (jedes Chassis einzeln angetrieben von je einem potenten Verstärker mit eigens dafür entwickelten Filtern) bezeichne ich als „akustisches Mikroskop“, so exakt und räumlich reproduziert es und bildet fast perfekt ab.
Fast!
Claudia Pohl ist zu klein.
Das Satellitensystem bildet alles zu klein ab. Frauen werden zu Mädchen, Orchester zu Miniaturen. Tonal, räumlich und zeitlich absolut perfekt, aber eben zu klein. Schade!
"Zu klein abzubilden " ist ein Wiedergabefehler, der die Illusion, einer realen Musikdarbietung beizuwohnen, zunichte macht und statt dessen den
"Konservencharakter " betont. Teilweise lässt sich darüber streiten,
was "zu klein " ist: wer kennt schon die tatsächliche Größe eines Synthesizers?
Meistens kennen wir aber die Größe des Originalinstrumentes sehr wohl, und für Stimmen sind wir die absoluten Fachleute. Wir wissen, welches Volumen die Stimme eine erwachsenen Frau oder eines kleinen Kindes hat und akzeptieren bei der Reproduktion so genannte Maßstabsfehler nicht - die Illusion geht verloren, wenn Claudia Pohls Stimme das Volumen eines kleinen Mädchens hat und ihre Gitarre das einer Kindergitarre, besonders dann, wenn die Wiedergabe in Originallautstärke erfolgt.
Wieso bilden Lautsprechersysteme zu klein ab? Lautstärke und bewegtes
Volumen sind die Voraussetzungen für eine maßstabsgetreue Abbildung. Die erforderliche Lautstärke zu erreichen ist i. d. R. nicht das Problem, schwieriger ist es, das für einen weitgehenden realistischen Höreindruck notwendige Volumen zu bewegen. Keine (HiFi-) Anlage auf der Welt kann ein Orchester eins zu eins wiedergeben - wir suchen daher (wie üblich) einen Kompromiss, der uns so nah wie möglich an die Illusion führen soll. Volumen wird über Membranfläche erzeugt. Große Membranflächen und die Fähigkeit zur (weitgehend originalen) Lautstärke sind also die zentralen Voraussetzungen für eine maßstabsgetreue akustische Abbildung. Diese Membranfläche muss vor allem im kritischen Grundton-Bereich verfärbungsfrei zur Verfügung stehen weil die Wiedergabe der Stimmen und akustischen Instrumente vor allem hier beeinflusst wird.
Diesen Anforderungen widersetzen sich 2- Wegesysteme: während die erforderliche Lautstärke durch geeigneten Wirkungsgrad und Langhubigkeit der Chassis sowie entsprechende Elektronik bis zu einem gewissen Grad realisiert werden kann (ohne dass Doppler-Effekte auf Grund des großen Membranhubes zum Problem werden und die Wiedergabe verfärben) ist die Membranfläche bei diesen Systemen nicht beliebig zu vergrößern. Die Kombination eines 25 Zentimeter Chassis für den Tief- und Mittelton- Bereich mit einer 40er (!) Hochtonkalotte ist schon das äußerste, was noch möglich ist. In der Regel kümmert sich ein 17 Zentimeter oder maximal 20 Zentimeter Chassis um all die unteren Frequenzen, aber deren 133 oder 216 Quadratzentimeter effektive Membranfläche reichen nicht aus, einen realistischen Grundton-Bereich, gleichzeitig auch noch Mitten und tiefste Bässe mit dem notwendigen Volumen und verfärbungsfrei zu reproduzieren.
Das mag auch der Grund sein, weshalb sich Vollbereichssysteme nicht durchsetzen. Sogar so hervorragende Chassis wie der Manger Schallwandler, den ich mehrmals ausgiebig hören und testen konnte, scheitern letztendlich an diesem durch zu wenig Membranfläche verursachten Abbildungsfehler.
Flächenstrahler (Magnetostaten....) könnten eine Alternative sein, bieten sie doch bewegte Fläche im Überfluss. Tatsächlich waren die Magnetostaten, die ich hören konnte, in der räumlichen und maßstäblichen Wiedergabe perfekt. Bei ausreichender Größe der abstrahlenden Fläche ist auch die Lautstärke und die Tiefsttonwiedergabe kein Problem (obwohl ein Sub nicht schaden würde). Ihr Preis und ihre Abmessungen (80cm auf knapp 180cm sind erforderlich) beschränken jedoch ihren Einsatz auf wenige Anwender.
Für alle anderen bieten sich beim heutigen Stand der Lautsprechertechnik als Lösung der Aufgabe, maßstabsgerecht abzubilden, das heißt also ausreichend Lautstärke und Volumen zu Verfügung zustellen, nur 3- (oder gar höhere) Mehrwege-Systeme an. Dieses Prinzip hat den Vorteil, dass sich um den wichtigen Grundton-Bereich ein Chassis mit ausreichend Membranfläche bemühen kann, ohne gleichzeitig im Bass- und Mitteltonbereich auch noch Hervorragendes leisten zu müssen. Die Nachteile sind bekannt: die Lautsprechergehäuse wachsen und die Probleme bei den Frequenzgang-Übergängen zwischen den Chassis auch.
Visaton Vox 252
Mein nächster Proband war zunächst eine klassische 3-Wegebox, Visatons Vox 252, , mit aufwendig versteiftem und ruhig gestelltem Gehäuse, ausgelagerter Frequenzweiche, MKP Kondensatoren im und neben dem Signalweg, angetrieben von potenten Mono-Endstufen. Die Vox 252 setzt zwei Mitteltöner ein: die AL 130 bieten zusammen schon 155 Quadratzentimeter Membranfläche pro Box, was aber nicht ausreicht. Die Vox 252 klingt zwar tonal ausgewogen, räumlich differenzierend, aber Frau Pohl ist immer noch nicht erwachsen. Immerhin: sie ist schon Teenager.
Inzwischen war mir klargeworden: die authentische, in Originalgröße abbildende Wiedergabe von Klangkörpern und Stimmen setzt wirklich ausreichend Membranfläche im Tiefmitteltonbereich voraus: ein 20 -Zentimeter Chassis mit mehr als 200 Quadratzentimeter Fläche darfs schon sein. Das bedeutet zwangsläufig dann auch einen Mittelton-Spezialisten, der ebenfalls Membranfläche (und Wirkungsgrad) aufweisen muss, damit er mithalten kann. Das wiederum heißt: auch für den Hochton benötigt man einen Spezialisten. Und sinnvollerweise sollte der Tiefmitteltöner auch noch von schwerer Hubarbeit (Doppler-Effekt) befreit sein: für den Tiefton muss also auch noch ein Spezialist her. Damit ist man aber zwangsläufig bei den Vierwege-Lautsprechern angekommen, oder zeitgeistiger formuliert: beim Dreiwegesystem mit integriertem Subwoofer.
Visaton Atlas DSM MK 3
Die Atlas DSM MK 3 von Visaton besitze ich schon länger.
Sie ist eine erwachsene Standbox (höher als 1,50m) mit einem 3-Wegesystem, das zusätzlich seinen eigenen Sub-Woofer in das Gehäuse integriert hat. Um den gigantischen Basslautsprecher TIW 400 ( über 750 Quadratzentimeter Membranfläche, die laut Hersteller gut sind für 2,7 cm maximalen Hub) zu kontrollieren läuft im Inneren des Bassreflexgehäuses gegenphasig der TIW 250 mit. Diese Compound-Bauweise erzeugt sozusagen ein neues Tiefton-Chassis mit neuen Parametern. So war es Visatons Konstrukteuren möglich, das Gehäusevolumen auf etwa 180 Liter netto zu begrenzen (was durchaus noch als wohnraumtauglich gelten darf - Ehegattinnen sind in dieser Beziehung toleranter als landläufig behauptet wird) und trotzdem die Voraussetzungen für einen tiefgehenden, präzisen und laut reproduzierbaren Bass zu schaffen. Für den Tiefmitteltonbereich (und zwar nur für diesen!) stellt das Chassis GF 200 immerhin 214 Quadratzentimeter Membranfläche bereit. Der Mitteltonbereich wird von der Mitteltonkalotte (ojeh , welch Anachronismus!!) DSM 50 und das Spektrum darüber von der Hochtonkalotte DSM 25 abgedeckt. Insgesamt stehen zur Reproduktion also fünf Chassis zur Verfügung, was manchen Lautsprecherfachmann zu einem eher mitleidigen Achselzucken veranlaßt, weiß er doch, dass solche Systeme nicht zeitgerecht und räumlich exakt abbilden können. Ein Blick auf die Sprungantwort sagt alles.
Die Epoche dieser Boliden sei abgelaufen angesichts der Qualitäten, die pfiffige Zwei-Wegeriche (mit Subwoofer, wohnraumfreundlich und gattinnengerecht versteckt) entwickeln.
Warum macht dann aber das Hören über einen solchen Boliden so unendlich viel mehr Spaß, wieso weckt er so viel musikalische Emotion, so viel vom Geist des Werkes?
Eines nämlich kann so ein anachronistischer Bolide sicher: bei ihm klingt eine Bassdrum wie eine Bassdrum und nicht wie eine Kindertrommel, und eine sonore Männerstimme stammt tatsächlich aus dem Körper eines gestandenen Mannsbildes und nicht aus dem Körper eines zarten Knaben. Und großorchestrale Werke klingen ergreifend realistisch. Der Bolide kann besser die Illusion aufbauen, live dabei zu sein - und dann stolpert er über seinen Hauptfehler: er ist räumlich unpräzise. Denn er hat natürlich Probleme bei den Übergangsfrequenzen seiner vielen Wege.
Vielleicht lassen sich die Probleme des Mehrwegsystems aber in den Griff bekommen? Die Sache schien zu lohnen, der Atlas DSM MK 3 ihre Fehler (weitestgehend) auszutreiben.
Atlas DSM MK 4
Nachdem ich gleich anfangs Probleme mit den Kondensatoren im Hochtonzweig hatte (sie platzten), ersetzte ich zuerst alle im Signalweg liegenden Originalkondensatoren durch MKP-Typen. Interessanterweise brachte vor allem der Austausch der parallel zum Signalweg liegenden Kondensatoren eine noch deutlichere Verbesserung. Es gewann der Klang spürbar an Realität in der Stimmenwiedergabe und in der räumlichen Präzision. Diese Maßnahme ist jedem Lautsprecherhobbyisten unbedingt zu empfehlen. Der Ersatz der Spulen im Tiefton-Zweig durch Trafokernspulen führte dagegen zu keiner signifikanten Verbesserung.
Die Atlas macht ungeheuer viel Spaß mit ihrem opulenten, kraftvollen barock-lebensfrohen Klangbild, entscheidet sich aber ungern definitiv bei der räumlichen Positionierung der Instrumente und Stimmen. Sie ist systembedingt etwas wankelmütig.
Als nächstes drehte ich die Anordnung der Chassis so um, dass der Hochtöner auf Ohrhöhe kommt (ein absolut wichtiger Tipp - der Selbstbauer sollte die Wirkung nicht unterschätzen und sein Projekt unbedingt darauf abstimmen. Diese Maßnahme ist natürlich abhängig von der Situation im Wohnraum und von der Position des Hörerohres; hier gilt es die spezifischen Gegebenheiten zu prüfen und in das Projekt mit einzubeziehen).
Das brachte schon eine Verbesserung.
Und die Stimme von Claudia Pohl ? Endlich in der richtigen Größe, die Frau ist als Frau abgebildet, natürlich und stimmlich, aber es fehlt das entscheidende Quentchen Deutlichkeit im Vergleich zum Original.
Die Evolution zur MK 4 war zwar nun geschafft, jetzt mußte aber der Quantensprung kommen: absolute räumliche Präzision und stimmliche Perfektion. Und Spielfreude und Kraft bei (fast) allen Lautstärkepegeln - aber vor allem auch bei Zimmerlautstärke.
Mein Ehrgeiz war geweckt, auch diese Hürde mußte zu nehmen sein.
Atlas DSM Aktiv
Der nächste Schritt ist sehr aufwendig: ich konnte einen guten Bekannten, der sich von Berufs wegen auch mit der Entwicklung von aktiven Lautsprecher Systemen beschäftigt, überreden, seine knappe Freizeit meinem ehrgeizigen Ziel zu opfern und mir ein aktives System für die Atlas DSM zu entwickeln und zu realisieren.
Er griff dabei auf extrem breitbandige und leistungsfähige Verstärkermodule aus seiner eigenen Entwicklung für einen bedeutenden Lautsprecherhersteller in Deutschland zurück und entwickelte für die exzellenten Chassis der Atlas DSM die entsprechenden Filter. Die Trennfrequenzen der passiven Filterschaltung wurden weitgehend übernommen, die Flanken steiler und die Phasen korrigiert - so weit wie möglich (und da war viel möglich im Vergleich zur passiven Version).
Das Konzept wurde so angelegt, dass der innere Bass (die Atlas besitzt hinter dem außen sichtbaren TIW 400 innen einen zweiten Basstreiber, den superben TIW 250) noch passiv (nur über eine Trafokernspule) angekoppelt wird (hier stehen für das Chassis 250 Watt einer vorhandenen, einpegelbaren Onkyo-Endstufe zur Verfügung). Alle anderen Chassis besitzen eigene Verstärker mit aktiven Filtern, wobei für den sichtbaren Bass TIW 400, den Tiefmitteltöner GF 200 und die Mitteltonkalotte DSM 50 ebenfalls je 250 Watt, für den Hochtöner DSM 25 160 Watt bereitgestellt werden. Der Hochtöner läuft nach obenhin unbegrenzt, theoretisch bis 300 kHz.
Die Leistung pro Kanal (ohne TIW 250) wird von insgesamt 14 Transistoren erzeugt, die ihre Kraft aus drei üppigen Trafos beziehen: je ein Trafo versorgt den TIW 400, den GF 200 und der dritte versorgt gemeinsam den DSM 50 und DSM 25. Die Filter verfügen ebenfalls über je eine eigene Stromversorgung. Insgesamt zwölf Relais pro Kanal achten darauf, dass Verstärker und Chassis keinen Schaden nehmen können.
Die Verstärker sind nicht in das Lautsprecher Gehäuse eingebaut, sondern sind mit ihren massiven, 50 auf 35 Zentimeter messenden und 8 mm dicken Alu-Platten pro Kanal in je ein separates Gehäuse untergebracht, das hinter den Lautsprechern direkt an die Zimmerwand geschraubt wird, so dass Mikrophonie-Effekte definitiv nicht möglich sind. Von hier aus gehen dann die Kabel auf kurzem Weg in die Lautsprechergehäuse zu den Chassis.
Der zeitliche und materielle Aufwand ist groß und die Abstimmung, das Abgleichen und das Feintuning erforderten weitere Wochenenden. (Auf Dauer gesehen muss der "aktive" Aufwand noch vergrößert werden: minimale Störgeräusche überlagern bei sehr leisen Pegeln den DSM 25 - nach vielen Versuchen mit der Masse-Führung bleibt als Lösung nur der Einsatz eines weiteren Trafos, so dass künftig jedes Chassis über seine eigene unabhängige Stromversorgung verfügt).
Wie klingt die Atlas DSM Aktiv?
Aktive Systeme treiben „ihre“ Chassis direkt und kontrolliert an, damit sind sie in der Lage, das Musikereignis ohne die sonst übliche Beeinflussung durch großvolumige Kondensatoren und Spulen, die immer auch „klangliche Nebenwirkungen“ haben, zum Wandler zu übertragen.
Sie klingen daher (sofern gut gemacht – auch hier liegt die Tücke im Detail) sehr deutlich und offen, dabei sehr differenzierend und unangestrengt.
Beim Hören und Vergleichen mit passiven Systemen ist mir immer noch so, als wäre Watte aus den Ohren genommen worden. Die direkt angetriebenen Chassis zeigen nun was sie tatsächlich können, ohne den Bremsklotz der passiven Weiche.
Was fällt mir nun im Vergleich zu meinem kleinen Aktivsystem und zur VOX 252 auf?
Sofort: Stimmen sind nun authentisch, direkt, der Sänger oder die Sängerinnen ist real, richtig in der Größe und in der stimmlichen Leistung.
Zweitens: das Herum-Gewackele in der räumlichen Positionierung hat ein Ende. Definitiv.
Drittens: eine deutliche Staffelung in der Tiefe, sofern die Aufnahme das hergibt.
Viertens: der Bass ist absolut kontrolliert, trocken, abgrundtief und wie selbstverständlich, kräftig, ohne Anstrengung.
Fünftens: das System klingt bei leisen Lautstärken schon so vollständig und rund, dass kein Interesse an höheren Pegeln aufkommt, und lauter klingt das alles noch viel originaler.
Kurz: die Atlas DSM Aktiv ist ohne Zweifel eine Hördroge.
Und: Claudia Pohls Stimme steht nun endlich tatsächlich korrekt, klar und deutlich in Originalgröße im Raum, wann immer ich will.
Fazit
Das Erzeugen einer perfekten akustische Illusion setzt ausreichend Membranfläche vor allem im Grundton-Bereich voraus. Damit landet man automatisch bei anspruchsvollen Mehrwege Systemen.
Die Nachteile von Mehrwegesystemen lassen sich zumindest aktiv im Rahmen des Konzeptes: "drei Wege mit zusätzlichem, integrierten Subwoofer" minimieren wenn nicht sogar eliminieren.
Aktive Mehrwegsysteme spielen authentischer und damit ehrlicher, allemal lustvoller und lebendiger als noch so gut gemachte aktive zwei Wege Systeme (mit Sub-Woofer) - denen mangelt es immer an der Fähigkeit, Größe realistisch wiederzugeben, ein Manko, das für mich schwer wiegt und die Freude an der Reproduktion gefährdet, denn die Illusion stimmt nicht mehr.
Der Aufwand für ein aktives Mehr-Wege-System ist beträchtlich und für den Lautsprecherhobbyisten fertige Konzepte liegen leider nicht vor, obwohl gerade hier ein fruchtbares und weites Betätigungsfeld liegen könnte.
Das Ergebnis überzeugt aber allemal.
Sollten in nächster Zeit gar digitale Frequenzweichen dem Hobbyisten zugänglich sein, eröffnet sich eine weitere Möglichkeit, den Fehlern bei den Übergangsfrequenzen der Mehrwegsysteme zu begegnen – vielleicht gelingt es, das virtuelle Vollbereichschassis aus realen Spezialisten zusammenzusetzen?
Elektronik und deren Entwicklung:
Michael Bolz, Lorcher Straße 2, 73553 Alfdorf
Text und Lautsprecherumbau:
Wolfgang Ratzer, Meisenweg 24, 71334 Waiblingen
Oktober 2002
Oder:
Warum aus der großen Standbox Atlas DSM MK 3 von Visaton eine MK 4 und dann eine Atlas DSM Aktiv wurde
Wer ist Claudia Pohl – und was hat sie mit Lautsprechern zu tun?
Claudia Pohl ist der weibliche Teil des schwäbischen Liedermacherduos "Harald Immig und Claudia Pohl"; sie verfügt über eine exzellent geschulte und anspruchsvolle Stimme und hat mit Schuld daran, dass ich mich auf die Suche nach dem perfekten Lautsprecher begab:
Es muss doch möglich sein, diese Stimme ohne Abstriche reproduzieren und somit ins heimische Wohnzimmer holen zu können. Dazu ist es nötig, mit der Atmosphäre (also der emotionalen Wirkung) auch die Illusion der Aufführung oder Darbietung über Lautsprecher wiederzugeben, d.h., die Instrumente und Stimmen müssen nicht nur klanglich und räumlich korrekt, sondern auch in ihrer Größe, ihrem Volumen richtig wiedergegeben werden.
Gute Lautsprecher dürfen sich demnach nicht auf die Erfüllung einzelner technischer Kriterien beschränken, sondern sie müssen insgesamt (als Summe ihrer technischen Fähigkeiten) ein akustisches Bild reproduzieren, das in sich so stimmig ist, dass bei geschlossenen Augen die Illusion entsteht, der Musikaufführung gerade eben beizuwohnen.
Damit ist das anspruchsvolle Ziel benannt.
Gott sei Dank ist das oben genannte Duo nicht nur live ein musikalischer Leckerbissen, sondern es produziert auch auf höchstem Niveau eingespielte CDs. Mit den Eindrücken aus Live-Konzerten und den besten CDs ausgestattet unterzog ich meine Lautsprecher über mehrere Jahre umfassenden Tests und legte Hand an, um dem Klangideal möglichst nahe zukommen. Und sammelte dabei interessante Erkenntnisse.
Zwei Wege Aktiv mit Sub-Woofer
Zuerst konzentrierte ich meine Bemühungen auf mein dem Zeitgeist gerecht werdendes zwei Wege Aktiv-System (Excel 17 Zentimeter Tiefmitteltöner W217EX002 mit Excel Hochtonkalotte T25001), das durch einen aktiven Sub-Woofer unterstützt wird (Visatons TIW 360 sorgt in einem 80 Liter Gehäuse für rabenschwarzen Bassdruck). Die Trennfrequenz der Chassis der Satelliten liegt neuesten Erkenntnissen entsprechend bei niedrigen 1500 Hz, der Sub arbeitet bis 150 Hz.
Die Satelliten mit dem Sub-Woofer (jedes Chassis einzeln angetrieben von je einem potenten Verstärker mit eigens dafür entwickelten Filtern) bezeichne ich als „akustisches Mikroskop“, so exakt und räumlich reproduziert es und bildet fast perfekt ab.
Fast!
Claudia Pohl ist zu klein.
Das Satellitensystem bildet alles zu klein ab. Frauen werden zu Mädchen, Orchester zu Miniaturen. Tonal, räumlich und zeitlich absolut perfekt, aber eben zu klein. Schade!
"Zu klein abzubilden " ist ein Wiedergabefehler, der die Illusion, einer realen Musikdarbietung beizuwohnen, zunichte macht und statt dessen den
"Konservencharakter " betont. Teilweise lässt sich darüber streiten,
was "zu klein " ist: wer kennt schon die tatsächliche Größe eines Synthesizers?
Meistens kennen wir aber die Größe des Originalinstrumentes sehr wohl, und für Stimmen sind wir die absoluten Fachleute. Wir wissen, welches Volumen die Stimme eine erwachsenen Frau oder eines kleinen Kindes hat und akzeptieren bei der Reproduktion so genannte Maßstabsfehler nicht - die Illusion geht verloren, wenn Claudia Pohls Stimme das Volumen eines kleinen Mädchens hat und ihre Gitarre das einer Kindergitarre, besonders dann, wenn die Wiedergabe in Originallautstärke erfolgt.
Wieso bilden Lautsprechersysteme zu klein ab? Lautstärke und bewegtes
Volumen sind die Voraussetzungen für eine maßstabsgetreue Abbildung. Die erforderliche Lautstärke zu erreichen ist i. d. R. nicht das Problem, schwieriger ist es, das für einen weitgehenden realistischen Höreindruck notwendige Volumen zu bewegen. Keine (HiFi-) Anlage auf der Welt kann ein Orchester eins zu eins wiedergeben - wir suchen daher (wie üblich) einen Kompromiss, der uns so nah wie möglich an die Illusion führen soll. Volumen wird über Membranfläche erzeugt. Große Membranflächen und die Fähigkeit zur (weitgehend originalen) Lautstärke sind also die zentralen Voraussetzungen für eine maßstabsgetreue akustische Abbildung. Diese Membranfläche muss vor allem im kritischen Grundton-Bereich verfärbungsfrei zur Verfügung stehen weil die Wiedergabe der Stimmen und akustischen Instrumente vor allem hier beeinflusst wird.
Diesen Anforderungen widersetzen sich 2- Wegesysteme: während die erforderliche Lautstärke durch geeigneten Wirkungsgrad und Langhubigkeit der Chassis sowie entsprechende Elektronik bis zu einem gewissen Grad realisiert werden kann (ohne dass Doppler-Effekte auf Grund des großen Membranhubes zum Problem werden und die Wiedergabe verfärben) ist die Membranfläche bei diesen Systemen nicht beliebig zu vergrößern. Die Kombination eines 25 Zentimeter Chassis für den Tief- und Mittelton- Bereich mit einer 40er (!) Hochtonkalotte ist schon das äußerste, was noch möglich ist. In der Regel kümmert sich ein 17 Zentimeter oder maximal 20 Zentimeter Chassis um all die unteren Frequenzen, aber deren 133 oder 216 Quadratzentimeter effektive Membranfläche reichen nicht aus, einen realistischen Grundton-Bereich, gleichzeitig auch noch Mitten und tiefste Bässe mit dem notwendigen Volumen und verfärbungsfrei zu reproduzieren.
Das mag auch der Grund sein, weshalb sich Vollbereichssysteme nicht durchsetzen. Sogar so hervorragende Chassis wie der Manger Schallwandler, den ich mehrmals ausgiebig hören und testen konnte, scheitern letztendlich an diesem durch zu wenig Membranfläche verursachten Abbildungsfehler.
Flächenstrahler (Magnetostaten....) könnten eine Alternative sein, bieten sie doch bewegte Fläche im Überfluss. Tatsächlich waren die Magnetostaten, die ich hören konnte, in der räumlichen und maßstäblichen Wiedergabe perfekt. Bei ausreichender Größe der abstrahlenden Fläche ist auch die Lautstärke und die Tiefsttonwiedergabe kein Problem (obwohl ein Sub nicht schaden würde). Ihr Preis und ihre Abmessungen (80cm auf knapp 180cm sind erforderlich) beschränken jedoch ihren Einsatz auf wenige Anwender.
Für alle anderen bieten sich beim heutigen Stand der Lautsprechertechnik als Lösung der Aufgabe, maßstabsgerecht abzubilden, das heißt also ausreichend Lautstärke und Volumen zu Verfügung zustellen, nur 3- (oder gar höhere) Mehrwege-Systeme an. Dieses Prinzip hat den Vorteil, dass sich um den wichtigen Grundton-Bereich ein Chassis mit ausreichend Membranfläche bemühen kann, ohne gleichzeitig im Bass- und Mitteltonbereich auch noch Hervorragendes leisten zu müssen. Die Nachteile sind bekannt: die Lautsprechergehäuse wachsen und die Probleme bei den Frequenzgang-Übergängen zwischen den Chassis auch.
Visaton Vox 252
Mein nächster Proband war zunächst eine klassische 3-Wegebox, Visatons Vox 252, , mit aufwendig versteiftem und ruhig gestelltem Gehäuse, ausgelagerter Frequenzweiche, MKP Kondensatoren im und neben dem Signalweg, angetrieben von potenten Mono-Endstufen. Die Vox 252 setzt zwei Mitteltöner ein: die AL 130 bieten zusammen schon 155 Quadratzentimeter Membranfläche pro Box, was aber nicht ausreicht. Die Vox 252 klingt zwar tonal ausgewogen, räumlich differenzierend, aber Frau Pohl ist immer noch nicht erwachsen. Immerhin: sie ist schon Teenager.
Inzwischen war mir klargeworden: die authentische, in Originalgröße abbildende Wiedergabe von Klangkörpern und Stimmen setzt wirklich ausreichend Membranfläche im Tiefmitteltonbereich voraus: ein 20 -Zentimeter Chassis mit mehr als 200 Quadratzentimeter Fläche darfs schon sein. Das bedeutet zwangsläufig dann auch einen Mittelton-Spezialisten, der ebenfalls Membranfläche (und Wirkungsgrad) aufweisen muss, damit er mithalten kann. Das wiederum heißt: auch für den Hochton benötigt man einen Spezialisten. Und sinnvollerweise sollte der Tiefmitteltöner auch noch von schwerer Hubarbeit (Doppler-Effekt) befreit sein: für den Tiefton muss also auch noch ein Spezialist her. Damit ist man aber zwangsläufig bei den Vierwege-Lautsprechern angekommen, oder zeitgeistiger formuliert: beim Dreiwegesystem mit integriertem Subwoofer.
Visaton Atlas DSM MK 3
Die Atlas DSM MK 3 von Visaton besitze ich schon länger.
Sie ist eine erwachsene Standbox (höher als 1,50m) mit einem 3-Wegesystem, das zusätzlich seinen eigenen Sub-Woofer in das Gehäuse integriert hat. Um den gigantischen Basslautsprecher TIW 400 ( über 750 Quadratzentimeter Membranfläche, die laut Hersteller gut sind für 2,7 cm maximalen Hub) zu kontrollieren läuft im Inneren des Bassreflexgehäuses gegenphasig der TIW 250 mit. Diese Compound-Bauweise erzeugt sozusagen ein neues Tiefton-Chassis mit neuen Parametern. So war es Visatons Konstrukteuren möglich, das Gehäusevolumen auf etwa 180 Liter netto zu begrenzen (was durchaus noch als wohnraumtauglich gelten darf - Ehegattinnen sind in dieser Beziehung toleranter als landläufig behauptet wird) und trotzdem die Voraussetzungen für einen tiefgehenden, präzisen und laut reproduzierbaren Bass zu schaffen. Für den Tiefmitteltonbereich (und zwar nur für diesen!) stellt das Chassis GF 200 immerhin 214 Quadratzentimeter Membranfläche bereit. Der Mitteltonbereich wird von der Mitteltonkalotte (ojeh , welch Anachronismus!!) DSM 50 und das Spektrum darüber von der Hochtonkalotte DSM 25 abgedeckt. Insgesamt stehen zur Reproduktion also fünf Chassis zur Verfügung, was manchen Lautsprecherfachmann zu einem eher mitleidigen Achselzucken veranlaßt, weiß er doch, dass solche Systeme nicht zeitgerecht und räumlich exakt abbilden können. Ein Blick auf die Sprungantwort sagt alles.
Die Epoche dieser Boliden sei abgelaufen angesichts der Qualitäten, die pfiffige Zwei-Wegeriche (mit Subwoofer, wohnraumfreundlich und gattinnengerecht versteckt) entwickeln.
Warum macht dann aber das Hören über einen solchen Boliden so unendlich viel mehr Spaß, wieso weckt er so viel musikalische Emotion, so viel vom Geist des Werkes?
Eines nämlich kann so ein anachronistischer Bolide sicher: bei ihm klingt eine Bassdrum wie eine Bassdrum und nicht wie eine Kindertrommel, und eine sonore Männerstimme stammt tatsächlich aus dem Körper eines gestandenen Mannsbildes und nicht aus dem Körper eines zarten Knaben. Und großorchestrale Werke klingen ergreifend realistisch. Der Bolide kann besser die Illusion aufbauen, live dabei zu sein - und dann stolpert er über seinen Hauptfehler: er ist räumlich unpräzise. Denn er hat natürlich Probleme bei den Übergangsfrequenzen seiner vielen Wege.
Vielleicht lassen sich die Probleme des Mehrwegsystems aber in den Griff bekommen? Die Sache schien zu lohnen, der Atlas DSM MK 3 ihre Fehler (weitestgehend) auszutreiben.
Atlas DSM MK 4
Nachdem ich gleich anfangs Probleme mit den Kondensatoren im Hochtonzweig hatte (sie platzten), ersetzte ich zuerst alle im Signalweg liegenden Originalkondensatoren durch MKP-Typen. Interessanterweise brachte vor allem der Austausch der parallel zum Signalweg liegenden Kondensatoren eine noch deutlichere Verbesserung. Es gewann der Klang spürbar an Realität in der Stimmenwiedergabe und in der räumlichen Präzision. Diese Maßnahme ist jedem Lautsprecherhobbyisten unbedingt zu empfehlen. Der Ersatz der Spulen im Tiefton-Zweig durch Trafokernspulen führte dagegen zu keiner signifikanten Verbesserung.
Die Atlas macht ungeheuer viel Spaß mit ihrem opulenten, kraftvollen barock-lebensfrohen Klangbild, entscheidet sich aber ungern definitiv bei der räumlichen Positionierung der Instrumente und Stimmen. Sie ist systembedingt etwas wankelmütig.
Als nächstes drehte ich die Anordnung der Chassis so um, dass der Hochtöner auf Ohrhöhe kommt (ein absolut wichtiger Tipp - der Selbstbauer sollte die Wirkung nicht unterschätzen und sein Projekt unbedingt darauf abstimmen. Diese Maßnahme ist natürlich abhängig von der Situation im Wohnraum und von der Position des Hörerohres; hier gilt es die spezifischen Gegebenheiten zu prüfen und in das Projekt mit einzubeziehen).
Das brachte schon eine Verbesserung.
Und die Stimme von Claudia Pohl ? Endlich in der richtigen Größe, die Frau ist als Frau abgebildet, natürlich und stimmlich, aber es fehlt das entscheidende Quentchen Deutlichkeit im Vergleich zum Original.
Die Evolution zur MK 4 war zwar nun geschafft, jetzt mußte aber der Quantensprung kommen: absolute räumliche Präzision und stimmliche Perfektion. Und Spielfreude und Kraft bei (fast) allen Lautstärkepegeln - aber vor allem auch bei Zimmerlautstärke.
Mein Ehrgeiz war geweckt, auch diese Hürde mußte zu nehmen sein.
Atlas DSM Aktiv
Der nächste Schritt ist sehr aufwendig: ich konnte einen guten Bekannten, der sich von Berufs wegen auch mit der Entwicklung von aktiven Lautsprecher Systemen beschäftigt, überreden, seine knappe Freizeit meinem ehrgeizigen Ziel zu opfern und mir ein aktives System für die Atlas DSM zu entwickeln und zu realisieren.
Er griff dabei auf extrem breitbandige und leistungsfähige Verstärkermodule aus seiner eigenen Entwicklung für einen bedeutenden Lautsprecherhersteller in Deutschland zurück und entwickelte für die exzellenten Chassis der Atlas DSM die entsprechenden Filter. Die Trennfrequenzen der passiven Filterschaltung wurden weitgehend übernommen, die Flanken steiler und die Phasen korrigiert - so weit wie möglich (und da war viel möglich im Vergleich zur passiven Version).
Das Konzept wurde so angelegt, dass der innere Bass (die Atlas besitzt hinter dem außen sichtbaren TIW 400 innen einen zweiten Basstreiber, den superben TIW 250) noch passiv (nur über eine Trafokernspule) angekoppelt wird (hier stehen für das Chassis 250 Watt einer vorhandenen, einpegelbaren Onkyo-Endstufe zur Verfügung). Alle anderen Chassis besitzen eigene Verstärker mit aktiven Filtern, wobei für den sichtbaren Bass TIW 400, den Tiefmitteltöner GF 200 und die Mitteltonkalotte DSM 50 ebenfalls je 250 Watt, für den Hochtöner DSM 25 160 Watt bereitgestellt werden. Der Hochtöner läuft nach obenhin unbegrenzt, theoretisch bis 300 kHz.
Die Leistung pro Kanal (ohne TIW 250) wird von insgesamt 14 Transistoren erzeugt, die ihre Kraft aus drei üppigen Trafos beziehen: je ein Trafo versorgt den TIW 400, den GF 200 und der dritte versorgt gemeinsam den DSM 50 und DSM 25. Die Filter verfügen ebenfalls über je eine eigene Stromversorgung. Insgesamt zwölf Relais pro Kanal achten darauf, dass Verstärker und Chassis keinen Schaden nehmen können.
Die Verstärker sind nicht in das Lautsprecher Gehäuse eingebaut, sondern sind mit ihren massiven, 50 auf 35 Zentimeter messenden und 8 mm dicken Alu-Platten pro Kanal in je ein separates Gehäuse untergebracht, das hinter den Lautsprechern direkt an die Zimmerwand geschraubt wird, so dass Mikrophonie-Effekte definitiv nicht möglich sind. Von hier aus gehen dann die Kabel auf kurzem Weg in die Lautsprechergehäuse zu den Chassis.
Der zeitliche und materielle Aufwand ist groß und die Abstimmung, das Abgleichen und das Feintuning erforderten weitere Wochenenden. (Auf Dauer gesehen muss der "aktive" Aufwand noch vergrößert werden: minimale Störgeräusche überlagern bei sehr leisen Pegeln den DSM 25 - nach vielen Versuchen mit der Masse-Führung bleibt als Lösung nur der Einsatz eines weiteren Trafos, so dass künftig jedes Chassis über seine eigene unabhängige Stromversorgung verfügt).
Wie klingt die Atlas DSM Aktiv?
Aktive Systeme treiben „ihre“ Chassis direkt und kontrolliert an, damit sind sie in der Lage, das Musikereignis ohne die sonst übliche Beeinflussung durch großvolumige Kondensatoren und Spulen, die immer auch „klangliche Nebenwirkungen“ haben, zum Wandler zu übertragen.
Sie klingen daher (sofern gut gemacht – auch hier liegt die Tücke im Detail) sehr deutlich und offen, dabei sehr differenzierend und unangestrengt.
Beim Hören und Vergleichen mit passiven Systemen ist mir immer noch so, als wäre Watte aus den Ohren genommen worden. Die direkt angetriebenen Chassis zeigen nun was sie tatsächlich können, ohne den Bremsklotz der passiven Weiche.
Was fällt mir nun im Vergleich zu meinem kleinen Aktivsystem und zur VOX 252 auf?
Sofort: Stimmen sind nun authentisch, direkt, der Sänger oder die Sängerinnen ist real, richtig in der Größe und in der stimmlichen Leistung.
Zweitens: das Herum-Gewackele in der räumlichen Positionierung hat ein Ende. Definitiv.
Drittens: eine deutliche Staffelung in der Tiefe, sofern die Aufnahme das hergibt.
Viertens: der Bass ist absolut kontrolliert, trocken, abgrundtief und wie selbstverständlich, kräftig, ohne Anstrengung.
Fünftens: das System klingt bei leisen Lautstärken schon so vollständig und rund, dass kein Interesse an höheren Pegeln aufkommt, und lauter klingt das alles noch viel originaler.
Kurz: die Atlas DSM Aktiv ist ohne Zweifel eine Hördroge.
Und: Claudia Pohls Stimme steht nun endlich tatsächlich korrekt, klar und deutlich in Originalgröße im Raum, wann immer ich will.
Fazit
Das Erzeugen einer perfekten akustische Illusion setzt ausreichend Membranfläche vor allem im Grundton-Bereich voraus. Damit landet man automatisch bei anspruchsvollen Mehrwege Systemen.
Die Nachteile von Mehrwegesystemen lassen sich zumindest aktiv im Rahmen des Konzeptes: "drei Wege mit zusätzlichem, integrierten Subwoofer" minimieren wenn nicht sogar eliminieren.
Aktive Mehrwegsysteme spielen authentischer und damit ehrlicher, allemal lustvoller und lebendiger als noch so gut gemachte aktive zwei Wege Systeme (mit Sub-Woofer) - denen mangelt es immer an der Fähigkeit, Größe realistisch wiederzugeben, ein Manko, das für mich schwer wiegt und die Freude an der Reproduktion gefährdet, denn die Illusion stimmt nicht mehr.
Der Aufwand für ein aktives Mehr-Wege-System ist beträchtlich und für den Lautsprecherhobbyisten fertige Konzepte liegen leider nicht vor, obwohl gerade hier ein fruchtbares und weites Betätigungsfeld liegen könnte.
Das Ergebnis überzeugt aber allemal.
Sollten in nächster Zeit gar digitale Frequenzweichen dem Hobbyisten zugänglich sein, eröffnet sich eine weitere Möglichkeit, den Fehlern bei den Übergangsfrequenzen der Mehrwegsysteme zu begegnen – vielleicht gelingt es, das virtuelle Vollbereichschassis aus realen Spezialisten zusammenzusetzen?
Elektronik und deren Entwicklung:
Michael Bolz, Lorcher Straße 2, 73553 Alfdorf
Text und Lautsprecherumbau:
Wolfgang Ratzer, Meisenweg 24, 71334 Waiblingen
Oktober 2002